Wenn Menschen dauerhaft in Trauer leben und ihren Alltag nicht bewältigen können
Die meisten Menschen haben die Ressourcen an Bord, Verluste zu bewältigen. Das beobachten Hanna Peinkofer, Gerhild Heidorn und Georg Schenke regelmäßig. Die drei engagieren sich beim Ambulanten Hospizdienst der Aachener Caritasdienste und begegnen trauernden Menschen in unterschiedlichen Rollen. Gerhild Heidorn und Georg Schenke gehen als Ehrenamtliche in die Familien. Hanna Peinkofer als hauptamtliche Koordinatorin bahnt ihren Einsatz an und organisiert Qualifizierung und Austausch.
Stehen Menschen in Trauer bei: die Ehrenamtlichen Gerhild Heidorn (l.) und Georg Schenke und die Hauptamtliche Hanna Peinkofer.Thomas Hohenschue
Wenn die drei sagen, dass Trauernde alles an Bord haben, um mit ihren Gefühlen umzugehen, bezieht sich das nicht nur auf eine persönliche Widerstandskraft. Zu den Ressourcen, die bei der Trauer helfen, zählt auch ein Netzwerk von Angehörigen, Freundinnen und Freunden, weiteren Vertrauenspersonen. Für eine Zeit lang gehören Gerhild Heidorn und Georg Schenke ebenfalls zu diesem Netz, das Menschen in ihrer Trauer auffängt, stärkt und orientieren hilft.
Befähigungskurs für Sterbebegleitung und Fortbildungen besucht
Für diese verantwortungsvolle Aufgabe wurden die beiden Ehrenamtlich gut und gründlich vorbereitet. Schon der Befähigungskurs zur Sterbebegleitung zu Beginn ihres Engagements nahm 100 Stunden in Anspruch. Hinzu kamen vertiefende Fortbildungen in der Trauerbegleitung, Supervisionen, Austausche. Besonders schätzen Gerhild Heidorn und Georg Schenke, dass man sich selbst im Zuge der Aus- und Fortbildung besser kennen- und verstehen lernt, auch beim Umgang mit Trauer.
Während die frühere Gemeindepädagogin und heutige Heilpraktikerin gerne grundsätzliche Aspekte ihres Einsatzes ausleuchtet, fokussiert sich der frühere Bestatter und heutige Leiter einer Gräberkirche auf die praktische Seite. Beide haben die Haltung, für die Menschen einfach da zu sein. Beide stärken die Betroffenen, mit der Trauer umzugehen.
Jeder Trauer ist individuell
Es gibt Modelle, wie gesunde Trauerprozesse ablaufen. Die sind hilfreich, um über Situationen und Entwicklungen zu sprechen. Und doch ist jede Trauer individuell. Sie ist nicht an einen Zeitpunkt gebunden. Nach einem Sterbefall lassen organisatorische Belange häufig wenig Raum zum Trauern. Nicht selten erschwert Ungeduld des Umfeldes die Bewältigung. Wer legt fest, wann es einmal genug ist mit der Trauer? Kann sie überhaupt jemals ein Ende finden?
Ehrenamtliche wie Gerhild Heidorn und Georg Schenke stehen den Betroffenen bei. Sie halten in diesen Momenten den Schmerz, die Ängste, den Zorn, die Verzweiflung rund um den Verlust des geliebten Menschen mit aus. Zugleich lenken sie den Blick behutsam auf mögliche neue Wege, das Weiterleben zu gestalten. Ihr Ziel ist es, die verschütteten Ressourcen der Trauernden freizulegen. Wer im Umfeld kann helfen, mit wem kann man sprechen, was tut einem gut?
Schritt für Schritt geht das. Manche gehen diesen Weg rasch, manche brauchen Zeit, gehen Umwege. Dritte stecken fest, finden einfach nicht aus tiefster Trauer heraus. Hanna Peinkofer, Gerhild Heidorn und Georg Schenke sind weit davon entfernt, Trauer zu pathologisieren. Dennoch gilt es für sie an dieser Stelle, einen Schritt zurückzutreten und auszuloten, ob es in diesen Fällen eher sozialarbeiterische, therapeutische oder psychiatrische Hilfe braucht.
Hier gilt: Seelsorgliches Engagement muss seine Grenzen kennen und achten. Erschwerte Trauer kann mit prekären wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnissen zu tun haben. Es können psychiatrische Belastungen vorliegen, auch in Verbindung mit einer Suchterkrankung. Suizidale Äußerungen sind rote Flaggen. Hier sind Fachkräfte mit anderer Ausbildung gefordert, im Interesse der betroffenen Person und nicht zuletzt zum Schutz der Ehrenamtlichen.
Diözesaner Tag der Trauerpastoral
Der Umgang mit erschwerter Trauer steht im Fokus einer Fachveranstaltung am 27. September 2025 in Krefeld. Beim Diözesanen Tag der Trauerpastoral leuchten Hauptberufliche und Ehrenamtliche in der Trauerseelsorge und im Beerdigungsdienst das Thema in zahlreichen Workshops aus.
Der Trauertag fördert die Vernetzung von Menschen, die mit verschiedenen Blickwinkeln Betroffene begleiten. An der Vorbereitung ist neben dem Veranstalter Bistum Aachen auch der Caritasverband für das Bistum Aachen beteiligt, vertreten durch Fattaneh Afkhami, Fachreferentin für Alter und Pflege.
Autor: Thomas Hohenschue