„Steh‘ auf“ – oder warum Caritas nicht ohne Ostern und Ostern nicht ohne Caritas denkbar ist
"Steh auf" - der Song zählt zu den populären Rock-Balladen der 80er- und 90-er-Jahre. Westernhagen, damals auf dem Höhepunkt seiner Karriere als Deutsch-Rocker, beschreibt in drei Strophen, was Menschen klein macht, sie unglücklich stranden, ihr Leben verfehlen lässt, bis sie gebeugt, geschunden, gequält darniederliegen. Abwertung in der ersten Strophe: Du bist zu klein, nicht schön. Beschämung in der zweiten: Du bist ein Säufer, Spieler. Verführung zuletzt: vom Drogenhändler ausgenutzt. Dem allen setzt der Rock-Barde Ermächtigung, in der heutigen Sprache der sozialen Arbeit "Empowerment", entgegen: "Steh auf - steh endlich auf", so der viermalige, mit wachsender Dynamik vorgetragene Refrain.
Hier ist eine Unterbrechung notwendig: Wenn wir Ostern die "Auferstehung" Jesu Christi feiern, müssten wir genauer von "Auferweckung" sprechen: Der Vater lässt den Sohn nicht fallen, sondern hält ihn in seiner Liebe, so dass der Tod nach drei Tagen besiegt, das Grab geleert ist.
Auch Westernhagen korrigiert in der letzten Strophe den Eindruck, es könne sich mit dem Aufstehen um bloße Selbstermächtigung handeln: "Wenn dir jemand schwört, dass er dich liebt … wirst du es dann glauben oder nicht, wirst du dich entscheiden für das Licht?" - auf das Beziehungsangebot kommt es an.
Aufstehen, sich der Abwärts-Spirale widersetzen, am Leben teilhaben - das gelingt nur selten allein. Fasst immer ist es notwendig, dass jemand an mich glaubt, dass er mir etwas zutraut. Und mir die notwendigen Hilfen an die Hand gibt. Kurz: dass sie oder er Nächstenliebe konkret werden lässt. Mir ein Obdach gibt, mir eine sichere Heimstatt ermöglicht, mich stark macht für die nächsten Schritte. Das sind unsere Ziele in der Caritas. Nächstenliebe, ob ehrenamtlich oder beruflich ist eine Form von Liebe (Professionalität keineswegs ausgeschlossen), die aufrichtet.
Und wer stärkt die Helferinnen und Helfer? Das Osterfest verkündet es uns: Die Kraft kommt aus dem österlichen Glaube, dass Gott niemanden aus seiner Beziehung fallen lässt, dass unsere handfeste Unterstützung daran anknüpfen kann - und dass Aufstehen nur gelingt, wenn ein Ruf zu hören ist: "Steh auf" ruft uns Gott zu, er weckt uns auf, und wir geben diesen Ruf weiter, verstärken ihn mit Wort und Geste und materiellen Hilfen. Überzeugt, dass nach Gottes Angebot jedem Mensch ein aufrechter Gang, Teilhabe, Bezogenheit zusteht und wir dafür eintreten, egal an welchem Ort.
Im Dienst der Auferstehung unterwegs - Caritas.
Dr. Andreas Wittrahm
Unser Autor ist Leites des Bereichs Facharbeit und Sozialpolitiuk in der Geschäftsstelle des Caritasverbandes für das Bistum Aachen.