Träger von Altenheimen suchen und versuchen neue Wege, Auszubildende für Pflegeberufe zu akquirieren
Die Ausbildung zu Altenpflegern erfolgt in Schulen und in Senioreneinrichtungen.Kirchenzeitung Aachen
Das gilt auch für die Pflegeberufe. Gerade hier wird es in den kommenden 15 Jahren laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zu einem dramatischen Mangel kommen. In Mönchengladbach haben sich vor diesem Hintergrund fünf katholische Träger von Altenheimen zusammengetan und zum ersten Mal eine Ausbildungsbörse ausgerichtet.
Michelle Czaja besucht die 10. Klasse einer Gesamtschule, im nächsten Jahr macht sie ihren Abschluss. Und dann? "Ich interessiere mich für die Altenpflege", erzählt die 17-Jährige. Ein Praktikum in einem Altenheim hat sie bereits absolviert. "Das hat Spaß gemacht mit den alten Leuten", sagt Michelle, die mit ihrer Tante Malwina Heymanns zur Ausbildungsbörse gekommen ist. Gerade haben die beiden versucht, einen Stern nachzuzeichnen, während sie in einen Spiegel schauten. Anstrengend bis aussichtslos ist das. "So fühlen sich demenziell veränderte Menschen, bei denen die Augen-Hand-Koordination nicht mehr funktioniert", erläutert Gabriele Drücker vom Caritasverband, die das kleine Experiment im Rahmen eines "Berufs-Parcours" vorstellt. An anderen Ständen können die Besucher ein Pflegepuzzle zusammensetzen oder während der Pflege typische Handgriffe in die richtige Reihenfolge bringen.
Bis zum Jahr 2030 werden bundesweit 500 000 Vollzeit-Pflegekräfte fehlen
Das Mönchengladbacher Altenhilfe-Netzwerk Katharina hat Jugendliche zur ersten Ausbildungsbörse für Berufe in der Altenpflege ins Theater im Gründungshaus eingeladen. Katharina wurde 2016 vom Caritasverband der Region Mönchengladbach, dem Altenheim St. Antonius (in Trägerschaft der Kirchengemeinde St. Matthias Wickrath), dem Katharinenstift Mönchengladbach, dem Wohn- und Pflegezentrum St. Maria (in Trägerschaft der Katharina Kasper Vianobis) sowie dem Seniorenzentrum Haus Maria Frieden in Jüchen (in Trägerschaft der Kirchengemeinde St. Jakobus der Ältere) gegründet. Ziel des Netzwerkes ist es, bei der Aus- und Weiterbildung sowie der Akquisition von Fachkräften eng zu kooperieren. Ein Vorhaben, das für die Zukunft immer wichtiger wird. Laut Pflegestudie der Bertelsmann-Stiftung wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2030 um die Hälfte erhöhen. Gleichzeitig wird die Zahl der Pflegekräfte aufgrund des demografischen Wandels abnehmen.
Bis zu 500 000 Vollzeit-Pflegekräfte werden 2030 laut der Prognose der Studie bundesweit fehlen, wenn der Trend so anhält. "Deshalb ist die Ausbildung von Nachwuchs ein großes Thema" ,sagt Julia Zehnpfennig, Leiterin des Katharinenstifts am Bunten Garten in Mönchengladbach. "Auch wir werden irgendwann mal alt und wollen versorgt werden." Nur: Mit dem Problem schwindender Bewerberzahlen um Arbeits- und Ausbildungsplätze steht die Pflegebranche nicht alleine da. Sie konkurriert mit der Industrie und Dienstleistungsbranchen um die Gunst potenzieller Mitarbeiter. Und da hat sie im Vergleich mit einigen Nachteilen zu kämpfen: Schichtarbeit und Dienst am Wochenende oder nachts, körperlich anstrengende Arbeiten und schlechte Bezahlung. Auch der Niedlichkeitsfaktor, der sich zum Beispiel in Erziehungsberufen bei der Entscheidung der Bewerber positiv auswirkt, fällt bei der Arbeit mit alten Menschen weg.
Einige dieser Einwände kann Zehnpfennig zerstreuen: "Es gibt viele Berufsgruppen, die Schicht- und Sonntagsarbeit haben. Denken Sie nur an verkaufsoffene Sonntage, Tankstellen, Krankenhäuser", sagt sie. "Aber das hat auch Vorteile. Im Frühdienst arbeiten unsere Mitarbeiter von 6.30 bis 14 Uhr und haben dann den Nachmittag frei. Im Spätdienst fangen sie erst um 13.30 Uhr an, und ihnen steht der Vormittag zur Verfügung." Hilfsmittel und betriebliche Gesundheitsmanagement-Programme sollen helfen, dass die Mitarbeiter gesund ihr eigenes Rentenalter erreichen. Die Ausbildungsbörse ist eine Maßnahme, um die Möglichkeiten und Karrierechancen in den Pflegeberufen vorzustellen. "Wir fangen gerade an, in die Schulen zu gehen", sagt Katrin Schmitz vom Leitungsteam des Altenheims St. Antonius Wickrath. Auch das Freiwillige Soziale Jahr wird in Wickrath genutzt, die Jugendlichen für einen Pflegeberuf zu begeistern. "Viele FSJler wissen noch gar nicht, wo die berufliche Reise für sie hingehen soll", beobachtet Schmitz. "Hier können sie schon einmal in den Beruf reinschnuppern."
Nicht nur Jugendliche gehören zur Zielgruppe für die Ausbildung
Aber nicht nur Jugendliche gehören zur Zielgruppe. Auch Anke Brühl hat die Gelegenheit genutzt, sich bei der Ausbildungsbörse zu informieren. Die 50-Jährige kommt aus dem kaufmännischen Bereich und überlegt, "etwas komplett Neues zu machen". Die Ausbildung zur Altenpflegerin ist eine Option. Sie hat gute Chancen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. "Unsere jüngste Auszubildende ist 17 Jahre, die älteste ist 53 Jahre alt", berichtet Julia Zehnpfennig. "Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn schon mehrere Frauen und Männer, die über 40 Jahre alt waren, ausgebildet. In der Altenpflege ist die Mischung sehr wichtig. Ich brauche unter meinen Mitarbeitern jüngere und ältere." Gerade für Frauen, die nach der Familienphase wieder in den Beruf einsteigen wollten, seien Pflegeberufe geeignet. Zumal die Pflege auch für Bewerber ohne Abitur gute Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten böte, betont Zehnpfennig. Deshalb geht ihr Team zu Informationsveranstaltungen in Schulen, bietet Praktika an und arbeitet eng mit den Pflegeschulen der Region zusammen. "Es ist wichtig, den Beruf attraktiv zu machen", sagt sie. "Er hat Zukunft."
Quelle: Kirchenzeitung Bistum Aachen