Tag des Notrufes: Wie Malteser auf den nächsten Einsatz warten
Max Hilbes leitet die Malteser Wache West an der Vaalser Straße in Aachen.Jannik Hoegener
Max Hilbes leitet die Malteser Wache West an der Vaalser Straße in Aachen. Vier Fahrzeuge stehen dort bereit, um auszurücken, um Menschen bei einem medizinischen Notfall oder bei einem Unfall zu helfen: drei Rettungswagen und ein Krankentransportwagen. Wenn der Melder, den alle Mitarbeitenden am Hosengürtel tragen, piept, lassen die alarmierten Mitarbeiter der Malteser alles stehen und liegen, eilen zu den Fahrzeugen und fahren los. In einer Tagschicht von 7.30 bis 19.30 Uhr, in der mindestens acht Personen in der Wache arbeiten, passiert das im Durchschnitt 15 bis 20 Mal. Acht Minuten Zeit haben sie in der Stadt, um am Einsatzort zu sein, sagen es die Vorschriften. Auf dem Land haben die Rettungskräfte zwölf Minuten Zeit. Ein Einsatz dauert im Schnitt eine Stunde. Müsste sich Max Hilbes noch einmal für diesen Beruf entscheiden, er würde es wieder tun. "Ich wollte eine Aufgabe haben, bei der ich etwas Gutes für die Gesellschaft tun kann", sagt der 26-jährige Notfallsanitäter.
Die Feuerwehr der Stadt Aachen ist der Träger des Rettungsdienstes in der Stadt. Leistungserbringer in zwei Wachen ist der Malteser Hilfsdienst, unter anderem in der Wache an der Vaalser Straße. Auch andere Hilfsdienste wie das Deutsche Rote Kreuz oder die Johanniter Unfallhilfe sind in der Stadt im Rettungsdienst aktiv. Die Rettungsfahrzeuge, die an der Vaalser Straße und in den anderen Wachen stehen und von der Stadt gestellt werden, sind grundsätzlich gleich ausgestattet. "Die einheitliche Ausstattung aller Rettungswagen der Stadt Aachen ermöglicht insbesondere bei größeren Einsatzlagen eine organisationsübergreifende und effiziente Patientenversorgung. Hierbei kann eine unterstützende Zuarbeit in Notfällen auch durch Kollegen anderer Organisationen schnell und sicher erfolgen", erläutert Hilbes den Vorteil der gleichen Ausstattung.
In der Wache an der Vaalser Straße arbeiten Rettungshelfer, Rettungssanitäter und Notfallsanitäter. Rettungshelfer fahren den Krankentransportwagen, Rettungssanitäter sind die Transportführer bei Überführungsfahrten im Krankentransportwagen oder fahren den Rettungswagen. Notfallsanitäter sind als medizinisch verantwortliche Fachkraft im Rettungswagen unterwegs.
Die Mitarbeitenden sind trainiert für den Ernstfall, also wenn ein Anruf bei der 112 eingeht. Solche Notrufe erreichen in Aachen die Leitstelle von Feuerwehr und Rettungsdienst an der Stolberger Straße. Der Disponent dort alarmiert immer den Rettungswagen, der dem Einsatzort am nächsten ist. Dafür sorgt ein GPS-gesteuertes System. So kann es sein, dass ein Rettungswagen von der Wache an der Vaalser Straße auf der Rückfahrt von einem Einsatz gleich den nächsten Einsatz erhält, weil er näher am Einsatzort ist als ein Einsatzfahrzeug der örtlich zuständigen Wache. Über den elektronischen Melder erhält eine Besatzung eines Rettungsfahrzeugs alle notwendigen Infos zum Notfall von der Adresse bis zur Verdachtsdiagnose. Besondere Vorkommnisse wie eine Reanimation oder örtliche Besonderheiten erhalten die Einsatzkräfte auch über den Melder. Wenn sie zum Fahrzeug kommen, ist in den Navigationsgeräten die Route zum Einsatzort automatisch programmiert. Sollte zu einem Einsatz parallel auch ein Notarzteinsatzfahrzeug gerufen werden, bekommt die Crew diese Information ebenso. Per Funk hält die Rettungswagen-Besatzung Kontakt zur Leitstelle und zu den Kollegen im Notarzteinsatzfahrzeug.
Wenn ein Patient am Ende eines Einsatzes in ein Krankenhaus gebracht wird, entscheidet die Crew, in welche Klinik der Rettungswagen fährt. "Der Patient kann Wünsche bezüglich der Wahl des Zielkrankenhauses äußern. Unter Berücksichtigung dieses Wunsches, der benötigten Fachabteilung und der jeweils aktuellen Auslastung der Krankenhäuser wird das geeignetste Krankenhaus durch die Fahrzeugbesatzung festgelegt", erläutert Hilbes. Ob die Fahrt ins Krankenhaus mit Blaulicht und Martinshorn erfolgt, entscheidet auch die Crew je nach Situation, die sie vorfindet.
Je nach Einsatz kann das Erlebte selbst für erfahrene Einsatzkräfte belastend sein. "Dann ist es wichtig, dass das die Kolleginnen und Kollegen auf jeden Fall sagen", sagt Hilbes. Speziell geschulte Teams können dann mit den Einsatzkräften das Erlebte aufarbeiten. Und bevor neue Kollegen in einem Zweierteam in Einsätze gehen, fahren sie mindestens zehn Einweisungsschichten, um die Abläufe kennenzulernen und sich örtlich zu orientieren. Im Zweierteam ausrücken darf nur, wer zuvor eine Ortskunde-Prüfung abgelegt hat.
Zwischen den Einsätzen müssen die Mitarbeitenden in der Wache Routineaufgaben erledigen. Dazu gehört das Reinigen der Fahrzeuge ebenso wie das Sauberhalten der Fahrzeughalle und der Wache. Nach einem Einsatz müssen zudem alle Maßnahmen, die bereits während des Einsatzes in einem Einsatzprotokoll dokumentiert werden, digital erfasst werden. Schließlich müssen auch Verbrauchsmaterialien wie Verbandsstoffe oder Medikamente aufgefüllt werden. Grundsätzlich sind immer mehrere Einheiten der Verbrauchsmaterialien an Bord eines Rettungswagens, damit die Crew im Ernstfall unmittelbar im Anschluss an einen Einsatz einen weiteren fahren kann, ohne Medikamente oder andere Verbrauchsgegenstände nachfüllen zu müssen.
Seit 2014 ist Max Hilbes im Rettungsdienst. In seiner Funktion als Wachleiter ist er meist im Innendienst, kümmert sich um das Organisatorische. Tägliche Einsatzfahrten hat er nicht mehr, aber ein- bis zweimal im Monat fährt er auch noch Einsätze. "Ich möchte mir dabei ein Bild machen, wie die Situation draußen ist, um an gewissen Stellen gegebenenfalls nachzusteuern", sagt er. Seine Kolleginnen und Kollegen bilden sich auch fort. "Im Rettungsdienst lernt man immer", ergänzt Hilbes. Nervös sei er bei den Einsätzen nicht, "aber man spürt die Verantwortung, die man hat".
Seine erste Reanimation wird Max Hilbes nicht vergessen. Ein Mann war auf offener Straße zusammengebrochen und musste reanimiert werden. "Es stellte sich heraus, dass er einen Herzinfarkt hatte und schnell ins Krankenhaus musste", erzählt er. Nachdem er wieder genesen war, kam der Mann mit einer Torte zum Rettungsdienst, um Danke zu sagen. "Der Mann war so dankbar, ihm standen die Tränen in den Augen. Dann weiß man, warum man diese Aufgabe macht", sagt der Notfallsanitäter.
Quelle: Caritasverband für das Bistum Aachen