Mitbestimmen und mitgestalten: in der Werkstatt und bei den Wahlen
Aufmerksame Gesichter bei einer Veranstaltung der politischen Bildung bei der CBW.Thomas Hohenschue
Menschen mit Behinderung haben dieselben Rechte zur selbstbestimmten Teilhabe wie ihre Mitbürger. Das ist europäisches und deutsches Recht. Die Caritas Betriebs- und Werkstätten GmbH (CBW) engagiert sich sehr, diesen Anspruch zur Wirklichkeit werden zu lassen. Dazu gehört, dass sich ihre Beschäftigten in Werkstattfragen selbst vertreten und in politischen Fragen weiterbilden können.
Kerstin Konzer gehört zu denen, die sehr aktiv dieses Angebot nutzen. Die 45-Jährige, die im Würselener Werk 3 arbeitet, engagiert sich seit 2017 als Vorsitzende des Gesamtwerkstattrates. Der spricht mit CBW-Verantwortlichen über Herausforderungen und Verbesserungsmöglichkeiten, was die gesamte GmbH betrifft. Das Gremium ergänzt die Arbeit der Werkstatträte, die jeweils vor Ort die Interessen der Beschäftigten vertreten.
Kerstin Konzer schenkt allen Beschäftigten ihr Ohr und diese schenken ihr Vertrauen. In ihren Sprechstunden hat sie die Erfahrung gemacht, dass viele erst einmal erzählen wollen und dankbar sind, dass ihnen jemand mit viel Zeit zuhört. Oft lassen sich auch Lösungswege für ihre Probleme und Anliegen finden. "Ich möchte helfen, und das besonders den Schwächeren, die oft nicht so angehört werden", sagt Kerstin Konzer.
Zusammen mit dem Sozialen Dienst und dessen Leiter Fredi Gärtner werden die Rahmenbedingungen für die Arbeit von Gesamtwerkstattrat und Werkstatträten gestaltet. Dazu gehören auch eine gründliche Vorbereitung und stete Fortbildung der Beschäftigten, die sich in diesen Gremien engagieren. Die fachliche Begleitung und Unterstützung durch die gewählte Vertrauensperson ist Kerstin Konzer dabei sehr wichtig.
Im Jahr der Bundestagswahl und Kommunalwahl rückt auch ein weiterer Aspekt der selbstbestimmten Teilhabe in den Fokus, nämlich die politische Teilhabe. In Zusammenarbeit mit dem Nell-Breuning-Haus werden Werkstatträte und weitere Interessierte in den Grundfragen des politischen Systems in Deutschland geschult. Denn seit einigen Jahren dürfen Menschen mit Behinderung ebenfalls ihre Stimme an der Wahlurne abgeben.
Dr. Christina Herrmann und Karin Reisige vom Nell-Breuning-Haus vermitteln die Botschaft: Selbstvertretung, Mitbestimmung und Wahlen gehören zusammen. Überall steht die Selbstbestimmung eines Menschen im Vordergrund. Im Seminar wird rege diskutiert und durchdekliniert, was so verstanden politische Teilhabe bedeutet. Wie ihre Mitbürger haben sie das Recht, ihre Lebensbedingungen mitzugestalten.
Das macht Spaß, ist aber auch anstrengend. "Politik ist sehr unverständlich", sagt Kerstin Konzer. "Es überfordert viele, dass sie jetzt wählen können." Die politische Bildung, wie sie vom Nell-Breuning-Haus bei der CBW angeboten wird, kann einen Beitrag leisten, diese Barriere zu senken. Aber die Teilhabe von Menschen mit Behinderung stößt immer wieder an praktische Grenzen, braucht viel ehrliche und zugewandte Begleitung.
2025 wird nicht nur der Bundestag neu gewählt. Denn auch bei der CBW selbst wird gewählt, nämlich die Werkstatträte. Diese bestimmen ihre Vorsitzenden, die dann zusammen den Gesamtwerkstattrat bilden. Und der wiederum wählt die Person aus, die den Vorsitz ausübt. Kerstin Konzer würde das Amt ein weiteres Mal für vier Jahre übernehmen, wenn sie vorgeschlagen und gewählt wird. Sie engagiert sich sehr gerne für ihre Kolleginnen und Kollegen.
Autor: Thomas Hohenschue
Quelle: Caritas Betriebs- und Werkstätten GmbH