Kirche als Arbeitgeber - Vernetztes Handeln auf Augenhöhe
Nach einem Gottesdienst im Hohen Dom zu Aachen folgte eine Podiumsdiskussion mit dem Titel "Zukunft kann nur gemeinsam gelingen". Bischof Dr. Helmut Dieser, Generalvikar Dr. Andreas Frick, Diözesancaritasdirektor Stephan Jentgens, Ingeborg Schiele in ihrer Funktion als Vorsitzende der Mitarbeitervertretung (MAV) und Fachbereichssprecherin der DiAg MAV im Fachbereich 5, Dominic Winkel, Fachbereichssprecher der DiAg MAV im Fachbereich 1, und Professorin Dr. Jutta Rump, Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen, diskutierten unter der Moderation von Journalist Tom Hegermann.
"Wir dürfen keine Tabus mehr haben, wenn es darum geht, sich zukünftig als attraktiver Arbeitgeber aufzustellen.": Das ist die klare Forderung von Professorin Dr. Jutta Rump, denn die Herausforderungen seien enorm: Zwischen 2025 und 2032 werden rund elf Millionen Menschen in den Ruhestand gehen und damit nicht mehr dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
"Ich freue mich, dass ein solcher Tag einen so großen Anklang gefunden hat. Denn die Zukunft kann nur gemeinsam gelingen. Die Dienstgeber haben alle Hände voll zu tun, Fachkräfte zu finden. Attraktive Arbeitsplätze sind ein Muss für eine langfristige und stabile Existenz der Einrichtungen", leitete Generalvikar Frick ein.
Beim Tag der Dienstgemeinschaft im Bistum Aachen hielt Prof. Dr. Jutta Rump, Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen, einen Impulsvortrag. Sie sagte, auch die Kirche dürfe keine Tabus mehr haben, wenn es darum gehe, sich zukünftig als attraktiver Arbeitgeber aufzustellen.Andreas Steindl
Aber wie kann es gelingen, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein? Die wissenschaftlichen Grundlagen zur Arbeitgeberattraktivität lieferte Professorin Rump in ihrem Vortrag und stellte die Handlungsfelder zur Bewältigung des Fachkräftemangels heraus. Zentrale Punkte für die Arbeitnehmerzufriedenheit und Identifikation seien die Partizipation, das vernetzte hierarchiefreie Arbeiten, Sinnhaftigkeit und Balance zwischen Privatleben und Berufsleben, agiles und mobiles Arbeiten sowie der Einsatz nach Stärken und Kompetenzen. Zentral sei dabei, herauszufinden, was die DNA als kirchlicher Arbeitgeber sei. Was ist nicht kopierbar? Was macht die Kirche als Arbeitgeber aus? "Sie werden immer daran gemessen, nicht nur hinsichtlich des Instrumentenkastens eines attraktiven Arbeitgebers, sondern mehr denn je an den Werten, die sie repräsentieren und der damit verbundenen Glaubwürdigkeit", betonte Jutta Rump. Denn nur, was man innen lebe, könne man auch glaubhaft nach außen vermitteln.
Beim Tag der Dienstgemeinschaft diskutierten (v.l.) unter Moderation von Tom Hegermann Bischof Dr. Helmut Dieser, Professorin Dr. Jutta Rump, Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen, Ingeborg Schiele in ihrer Funktion als Vorsitzende der Mitarbeitervertretung (MAV) und Fachbereichssprecherin der DiAg MAV im Fachbereich 5, Dominic Winkel, Fachbereichssprecher der DiAg MAV im Fachbereich 1, Diözesancaritasdirektor Stephan Jentgens und Generalvikar Dr. Andreas Frick zum Thema „Zukunft kann nur gemeinsam gelingen“.Andreas Steindl
Aus den Gesprächen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern berichtet die MAV-Vertreterin Ingeborg Schiele: "Wir stellen als MAV fest, es gibt keine Augenhöhe und einen Rechtfertigungsdruck. Die Augenhöhe - das ist unser Knackpunkt. Wir müssen auch die Menschen wieder mitnehmen. Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander." Und das sei vor allem auch bei den nötigen Freistellungen der Mitarbeitervertreterinnen und -vertreter der Fall. Wie sollen wir das machen? Wie stellt ihr euch das vor? seien häufige Fragen, die sie von den Dienstgebenden zu hören bekommen. Diözesancaritasdirektor Stephan Jentgens bekräftigte: "Den Fachkräftemangel spüren wir massiv. Es gibt Einrichtungen, die ihre Kapazitäten runterfahren müssen. Da machen wir etwas, was kontraproduktiv ist. Wenn wir uns die Situation in der Kirche anschauen, dann ist diese bistumsorientiert. Und das Bistum Aachen hat verstanden, dass ein Kulturwandel entscheidend ist. Ein Kulturwandel, der auf Menschen zugeht und dafür sorgt, dass wir miteinander für eine gute Sache antreten können und fair miteinander umgehen können."
Bischof Dieser nahm ebenfalls Bezug auf die Schilderungen und bekräftigte damit den Kulturwandel: "Aber genau in der Frage - Wie stellt Ihr Euch das vor? - liegt auch die Lösung. Das Miteinander zu erringen, wie man sich das vorstellen kann. Es fehlt dieser Vernetzungsmoment. Merken wir nicht, wie groß die Not ist, in der wir sind? Und wie groß die Chancen sind, die wir haben in unserer Kultur daran zu gehen? Wir tun das anders als andere. Wir tun das als Kirche. Und für mich ist der Diamant genau das: Das wir das auf Augenhöhe tun. Das müssen wir leben, und wenn wir das nicht leben können, können wir es auch nicht predigen. Die ganze Glaubwürdigkeit, die ich auch als Bischof habe, hängt davon ab. Diese Klage muss Gehör finden und wir müssen gemeinsam handeln - sonst implodiert das. Das muss jeder erkennen, der heute Leitungsverantwortung in der Kirche hat."
Diese Chance des Miteinanders betonte auch MAV-Vertreter Dominic Winkel: "Die MAV ist das Sprachrohr der Mitarbeiterschaft und die Leitung schafft es nicht alleine, diesen Change-Prozess durchzuführen. Gemeinsam Verantwortung zu tragen, genau darin liegt auch die Stärke der MAV-Arbeit. Darum ist es so wichtig, dass hierfür die Voraussetzungen geschaffen werden. Es muss auf allen Seiten erkannt werden".
Auch für Expertin Jutta Rump ist das gemeinsame Arbeiten auf Augenhöhe ein zentraler Punkt: "Es kommt darauf an, in Teamstrukturen unterwegs zu sein, zusammengesetzt nach Stärken und Kompetenzen. Wir müssen das Thema Vielfalt in den Raum bringen und hierarchiefrei die Menschen mit in den Entscheidungsprozess reinziehen. Auch ich bin anders sozialisiert und habe hart dafür gekämpft, oben zu sein. Und jetzt muss ich etwas von meiner Macht abgeben? Es muss an der einen oder anderen Stelle wehtun. Wir müssen über das hinweggehen und unser Mind-Set verändern", forderte sie.
Bischof Helmut Dieser resümierte: "Es geht nur gemeinsam. Das sollten gerade wir als Kirche zeigen. Gerade wir haben dazu das Patent, weil wir die Botschaft haben. Augenhöhe - das Wort ist vollgefüllt mit dem was die Bibel an Botschaft hat. Wir sind an der Frage im synodalen Weg dran, gerade mit meinen Priestern, Pfarren, Mitbrüdern. Was ist die Hierarchie der Bischöfe? Was ist die Stellung eines Pfarrers zukünftig? Ist die Stellung nicht zu stark? Müssen Pfarrer nicht auch bewegbar sein? Es ist dringend geboten und es hängt daran, ob wir das glaubwürdig tun. Wenn wir das nicht tun, verlieren wir alles.", schloss er mit eindrücklichen Worten ab.
Quelle: Bistum Aachen