Fachkonferenz der DiCV-Geschäftsstelle befasst sich mit dem Islam
Fachkonferenz in der Geschäftsstelle des DiCV Aachen mit dem kath. Theologen Werner Höbsch zum Thema Islam am 28. September 2018.DiCV Aachen
Höbsch sagte, Aussagen über andere Religionen seien sehr oft Zuschreibungen von außen, die oft nicht zuträfen. Diese könnten nur überwunden werden, wenn es zu unvoreingenommenen Begegnungen der Religionen untereinander komme. "Das wichtigste dabei sind nicht die Vorträge, sondern, dass man zum Beispiel nach dem Vortrag gemeinsam isst", so der promovierte Theologe weiter. Höbsch war bis April 2017 im Erzbistum Köln tätig. Zuletzt war er im Erzbischöflichen Generalvikariats Leiter des Referates Dialog und Verkündigung mit dem Schwerpunkt interreligiöser Dialog.
Die Fachkonferenz beschäftigte sich nun zum zweiten Mal mit dem Thema Islam. Vorausgegangen war im Juni ein Besuch in der Moschee der Islamischen Gemeinschaft Bosnien-Herzegowina e.V. in Aachen. Dort hatte der Imam der bosnisch-islamischen Gemeinschaft, Mehmed Jakubovic, die Fachkonferenz des Diözesancariatsverbandes begrüßt. Der Diplom-Theologe, der in der Gemeinde seit 21 Jahren als Vorbeter, Seelsorger und Religionslehrer tätig ist, stellte den Caritas-Mitarbeitenden seine Gemeinde und ihre Aktivitäten sowie die kleine bescheidene Moschee im Hinterhof eines Wohnblocks im Aachener Ostviertel vor. Sie ist ganz typisch für viele Gebetsorte dieser Art in Deutschland. Sie unterscheiden sich deutlich von den spektakulären Bauwerken und Ausstattungen anderer Moscheen.
Diözesancaritasdirektor Burkard Schröders erläutert, warum sich die Fachkonferenz mit dem Thema Islam beschäftigt: "Als Caritas treten wir ein für eine offene Gesellschaft der Vielfalt. Wir engagieren uns für die Integration von Andersgläubigen und in der Flüchtlingshilfe und setzen uns ein für einen wertschätzenden Dialog der Religionen. Daher möchten wir uns auch in der Fachkonferenz mit dem Islam beschäftigen."
Im Juni 2018 besuchte die Fachkonferenz der Geschäftsstelle des DiCV Aachen die Moschee der Islamischen Gemeinschaft Bosnien-Herzegowina e.V. in Aachen. Dort begrüßte der Imam der bosnisch-islamischen Gemeinschaft, Mehmed Jakubovic (l.), die Caritas-Mitarbeiter und stellte ihnen seine Gemeinde und ihre Aktivitäten sowie die kleine Moschee im Hinterhof eines Wohnblocks im Aachener Ostviertel vor.DiCV Aachen
Werner Höbsch informierte die Fachkonferenz nun über den Glauben der Muslime, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum Christentum sowie über Strömungen des Islams. Durch die Beschäftigung mit anderen Religionen habe er "das Eigene vertieft kennen gelernt", so der Theologe. Muslime glaubten wie Juden und Christen an einen Gott, den die Muslime Allah nennen. Arabische Christen übrigens würden Gott auch Allah nennen. Der Prophet Mohammed habe zunächst in Mekka gelebt, das er nach einem Streit verlassen habe, um nach Medina zu gehen. Dort sei er nicht nur der religiöse Prophet gewesen, sondern auch der politische Lenker eines Gemeinwesens, ein Amt, das ihm angetragen worden sei. In dieser Funktion sei er auch für die Verteidigung, Organisation und ökonomischen Entwicklung der Stadt zuständig gewesen. Anders als Jesus, der sich der politischen Macht entzogen habe, habe Mohammed diese angenommen.
"Gott der Erbarmer, der Barmherzige" sei die Zuschreibung für Gott, die am häufigsten im Koran auftauche, sagte Höbsch weiter. Die Religion bei Gott sei in der Vorstellung der Muslime der Islam. Die größte Sünde sei in ihrer Vorstellung die der Beigesellung. Daher sei die christliche Überzeugung, dass Jesus Gottes Sohn sei, für die Muslime nicht nachvollziehbar. Muslim sei in den Augen des Islam jeder, der Gott ergeben sei. Daher seien in den Vorstellungen des Islam, was soviel wie Hingebung an Gott bedeutet, auch Abraham und Jesus Muslime.
Der Islam sei zu allen Zeiten tolerant gegenüber anderen Religionen gewesen, führte Höbsch weiter aus. Daher sei ein Zusammenleben mit Juden und Christen über weite Strecken problemlos gewesen. Juden und Christen seien in islamisch geprägten Ländern in gewisser Weise Schutzbefohlene gewesen. Juden und Muslime hätten bis heute größere Gemeinsamkeiten als Christen und Muslime. Allerdings sei das Verhältnis von Muslimen und Juden deshalb belastet, weil Mohammed jüdische Stämme in Medina habe ausrotten lassen. Er habe den Juden vorgeworfen, ihn in einer militärischen Auseinandersetzung an seine Feinde verraten zu haben. Heute sei das Verhältnis von Muslimen und Juden zusätzlich politisch aufgeladen. Die Thora und das Evangelium akzeptierten die Muslime nur soweit wie sicher sei, dass es authentische mündliche Überlieferungen von Mose und Jesus seien.
Aus dem Verständnis der Muslime heraus, so Höbsch weiter, lehnten die Muslime die christliche Lehre ab, Jesus sei am Kreuz gestorben. Am Kreuz sei eine Jesus ähnliche Gestalt gestorben, Jesus sei entrückt worden, so ihre Überzeugung. "Die Muslime sagen, Gott kann einen Propheten nicht am Kreuz scheitern lassen", erläuterte Höbsch.
Der Theologe erklärte auch, wie es nach dem plötzlichen Tod Mohammeds zu den unterschiedlichen Strömungen im Islam kam. Es habe zunächst zwei Strömungen gegeben. Die Anhänger der einen sagten, nur ein Blutsverwandter Mohammeds könne seine Nachfolge antreten, sein Vetter und Schwiegersohn Ali. Dieser Partei des Ali (Schiiten) standen diejenigen gegenüber, die dafür eintraten, derjenige sollte Mohammed nachfolgen, der am besten mit den Bräuchen des Islam vertraut sei (Sunniten). Höbsch sagte weiter, in der Tradition des Islam habe sich ein Studium der Offenbarungsanlässe des Koran herausgebildet. Dieses sei vergleichbar mit der historisch-kritischen Methode der Bibelinterpretation in der christlichen Theologie. Der Koran, so der Theologe weiter, sei keine Informationsschrift, sondern er wolle ein Beziehungsgeschehen zwischen Gott und Mensch initiieren.
Werner Höbsch sagte, dass es an deutschen Universitäten auch Lehrstühle in Islamwissenschaft gebe. Diese Lehrstühle verträten durchweg einen reformierten Islam. Vor diesem Hintergrund sei er auch für einen muslimischen Wohlfahrtsverband in Deutschland, aber nur unter der Voraussetzung, dass seine Angebote allen Menschen offen stünden, unabhängig von Religion und Weltanschauung.
Der Theologe sagte, der Islam gehöre zu Deutschland. Wenn er der Redenschreiber von Bundespräsident Christian Wulff gewesen wäre, hätte er ihm den Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" auch in seine Rede für den 3. Oktober 2010 geschrieben. Die Debatte, die jüngst Innenminister Horst Seehofer über diesen Satz wieder ausgelöst habe, sei fatal. "Wir gehören nicht zu Deutschland, bleibt bei den Muslimen hierzulande hängen, wenn sie Seehofer sagen hören, der Islam gehöre nicht zu Deutschland", so Höbsch.
Quelle: Caritasverband für das Bistum Aachen e.V.
