Ethikkomitee gibt Stellungnahme zum §132g SGB V heraus
Mit dem Hospiz- und Palliativgesetz (HPG) wurde der § 132g neu in das Krankenversicherungsgesetz aufgenommen, um Bewohnern ein Beratungsangebot für die Versorgungsplanung in der letzten Lebensphase bereitzustellen. Das Gesetz ist eine Antwort auf die Entwicklung einer zunehmend verkürzten Verweildauer der Bewohner in Pflegeeinrichtungen. Verstärkt braucht es auf der einen Seite eine hospizliche und palliative Fachkompetenz und Unterstützung. Auf der anderen Seite bedarf es der Vergewisserung um den Bewohnerwillen. Das jetzt von der Krankenversicherung finanzierte Beratungsangebot kann als ein Baustein (unter anderen) dienen, um diesem Bedarf gerecht zu werden.
Laut Begründung des Gesetzgebers lautet das Ziel, mit dem Beratungsangebot für die letzte Lebensphase
- Bewohner in ihrer Selbstbestimmung zu stärken,
- ihnen eine Möglichkeit der emotionalen Auseinandersetzung anzubieten, um ihre Ängste vor der letzten Lebensphase zu minimieren und
- ihnen ungewünschte (Krankenhaus-) Behandlungen in der letzten Lebensphase zu ersparen.
Die gesetzliche Berücksichtigung dieser gesellschaftlichen Entwicklung als auch der Fokussierung auf den Bewohner und seiner Selbstbestimmung begrüßt das Komitee.
Das hier priorisierte ethische Prinzip der Autonomie korreliert eng mit der Würde der einzelnen Person. Freiheit, Wille und Vernunft werden ernst genommen, sodass die individuellen Sinn- und Wertehorizonte in den Pflege- und Behandlungsprozessen integriert werden können und müssen. Nichtsdestotrotz ist die mögliche Überforderung der Person mit zu bedenken. Gespräche über Tod und Sterben können beängstigend und befremdlich wirken. Zur Vorbeugung einer reinen Verantwortungsdelegation und Verschiebung der (professionellen) Verantwortlichkeit an den Bewohner allein braucht es neben viel Empathie besonders die Beachtung anderer ethischer Prinzipien wie Fürsorge, Nicht-Schaden und Gerechtigkeit.
Das im Gesetz angedachte Beratungsformat darf sich verstehen als ein freiwilliges Gesprächsangebot, das Zeit und Raum schafft für die hoch sensible und intime Thematik des eigenen Sterbens. Es ist verkürzt gedacht, will als Resultat am Ende nur therapiebegrenzende Maßnahmen und Behandlung "Ja oder Nein" stehen sehen.
Der Erfolg steht und fällt jedoch mit einer fundierten Qualifizierung, Einbettung und Vernetzung des Beraters und seines Angebots im Haus. Dazu braucht es eine umfassende Hospiz- und Palliativkultur, der eine Haltung zugrundliegt und der einer formalen Rahmung eines Gesetzes vorausgeht.
Quelle: Caritasverband für das Bistum Aachen e.V.