Eine wertvolle ehrenamtliche Unterstützung im Hamsterrad des familiären Alltags
Koordinatorinnen der Familienpatenschaften in den Regionen vernetzen sich in einem diözesanen Arbeitskreis. Das Bild zeigt von links nach rechts: Stefanie Ziemons, Antje Rometsch, Mira Kubitza, Bettina Sauer, Marion Engels.Thomas Hohenschue
An dieser Leerstelle setzt das Modell der Familienpatenschaften an. Ihre Idee: Ehrenamtliche gehen regelmäßig für ein paar Stunden in Familien hinein, um die Eltern zu entlasten und für die Kinder da zu sein. Sie beugen so Überlastungen vor oder mildern sie zumindest ab. Das kommt sowohl den erwachsenen als auch den minderjährigen Mitgliedern der Familie zugute. Wie diese wertvolle gemeinsame Zeit gestaltet wird, bestimmen die Beteiligten selbst.
Dieses Konzept fasste vor mehr als 15 Jahren im Bistum Aachen Fuß, als Pioniere engagierten sich SkF und SKM in Aachen und der SkF in Düren. Inzwischen hat sich der Ansatz in der gesamten Diözese verbreitet. Im Arbeitskreis Familienpatenschaften vernetzen sich die Akteure und ihre Mitarbeiterinnen aus der verbandlichen Caritas. Im offenen Austausch wird rasch deutlich, wie vielfältig die Grundidee vor Ort ausgestaltet und gelebt wird.
Das hängt von lokalen Bedingungen ab. Die Struktur der Finanzierung prägt die Eckpunkte des jeweiligen Modells von Familienpatenschaften. Zwei Beispiele: Wo Familienpatenschaften verbindlich ins System der kommunalen frühen Hilfen eingebettet sind, liegt der Fokus auf Familien mit sehr kleinen Kindern. Wo Träger ihre Fachstelle für Familienpatenschaften stark machen, unterstützen ihre Ressourcen Teambuilding, Wertschätzung und Qualifizierung der Ehrenamtlichen.
Alle Fachkräfte eint das Herzblut für ihre Aufgabe, zivilgesellschaftliche Netzwerke im Sozialraum zu weben. Sie bringen Familien einerseits und Patinnen und Paten andererseits zusammen, nach fachlichen Kriterien und, ebenso wertvoll, nach Bauchgefühl. Denn schnell lässt sich bei der Anbahnung spüren, ob die Chemie zwischen den Beteiligten stimmt. Da es um ein sehr persönliches Vertrauensverhältnis geht, das sie eingehen, ist das sehr wichtig.
Die ehrenamtlichen Familienpatenschaften sind keine Feuerwehr, unterstreichen die Mitarbeiterinnen der Fachstellen. In Familien, in denen absehbar professionelle Hilfe nötig wird, schicken sie keine Freiwilligen hinein. Natürlich gibt es auch hier Grenzfälle und Grauzonen. Wo die Situation zwar schon stark belastet ist, aber ein Engagement doch noch präventiv wirken kann, kommen am ehesten
Frauen und Männer mit pädagogischer Ausbildung in Frage.
Es ist nicht einfacher geworden in den 15 Jahren, seitdem es die Familienpatenschaften im Bistum Aachen gibt. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat sich trotz aller Bemühungen des Gesetzgebers noch nicht grundlegend verbessert. Manche Familien versuchen, sich mit Hilfe der Familienpatenschaften eine kostenfreie Kinderbetreuung zu organisieren. Sie fragen eine Betreuung in den Randzeiten der Arbeit an. Das lehnen die Fachstellen in der Regel ab.
In vielen Gesprächen bekommen die Fachkräfte hautnah mit, wie stark die Belastungen der Familien gewachsen sind, bei Alleinerziehenden ebenso wie bei Patchwork- und Regenbogenfamilien wie auch bei klassischen Vater-Mutter-Kind-Familien. Viele Elternteile laufen im Hamsterrad der beruflichen und privaten Verpflichtungen. Auch die Schule übt trotz zunehmenden Ganztagsbetriebs Druck auf den familiären Alltag aus. Der Fachkräftemangel in KiTas trägt große Unruhe und Stress in Familien mit kleinen Kindern hinein.
Wo es keine Angehörigen in der Nähe gibt, die sich engagieren, liegt der Fokus einer Familie, die eine Patenschaft nachfragt, häufig auf älteren Mitmenschen. Auch wenn das professionell betrachtet Grenzen hat oder gar überschreitet, treten Familienpatinnen und -paten in diesen Fällen in die Rolle von Ersatzgroßeltern. Diese emotionale Seite in der Beziehung birgt Chancen, aber auch Risiken. Damit gehen die Fachstellen unterschiedlich um.
Die Fachkräfte begleiten und beraten die Patinnen und Paten bestmöglich, im ganzen Prozess ihres Engagements. Irgendwann gehen die meisten Familienpatenschaften zu Ende. Im besten Fall signalisieren die Familien, dass sie eine solche Unterstützung nicht mehr benötigen. Auch entwickeln sich manche Patenschaften zu Freundschaften, sprich die Beziehung löst sich vom Charakter eines ehrenamtlichen Einsatzes. Auch Beendigungen im Konflikt kommen vor, allerdings selten.
So unterschiedlich die Akteure, ihre Konzepte und Persönlichkeiten sind, die sich im Arbeitskreis vernetzen, so stark eint sie die Suche nach neuen Ehrenamtlichen. In den 15 Jahren sind viele Mitbewerber auf den Markt getreten, die ähnliche Patenschaftskonzepte für andere Arbeitsfelder entwickelt haben. Qualität und Erfahrung der Fachstellen für Familienpatenschaften sprechen für sie, aber damit durchzudringen im Konzert der Gesuche, ist schwer geworden.
Autor: Thomas Hohenschue