Die Welt der Kinder ändert sich rasant. Wie gehen unsere KiTas damit um?
Wer heute mit Kindern im Alter bis sechs Jahren arbeitet, tut dies unter anderen Vorzeichen als noch vor zehn Jahren. Die Gesellschaft ist vielfältiger geworden. Der Erwerbsdruck auf Eltern spitzt sich zu. Kinderarmut wächst ebenso wie der Konsum. Zugleich streitet die Gesellschaft über Klimakrise und Klimaschutz, übers Gendern, über Fragen der geschlechtlichen Identität, über neue Ansätze, Diskriminierung entgegenzuwirken. Mittendrin in dieser Gemengelage: die KiTas.
Die Einrichtungen sollten sich nicht zerreiben zwischen den Erwartungen, die an sie gestellt werden, ermutigte Prof. Dr. Andreas Wittrahm vom DiCV Aachen die Trägervertreterinnen, Leitungs- und Fachkräfte. Er plädierte dafür, beharrlich die Bedarfe und Bedürfnisse des einzelnen Kindes im Hier und Jetzt im Blick zu behalten. Danach erst kämen die Bedarfe der Familien nach Unterstützung bei Erziehung und Betreuung zum Zuge. Und als drittes erst die bildungspolitischen Erwartungen.
Was bedeutet das mit Blick auf aktuelle Entwicklungen? Das vertieften die Teilnehmerinnen des Tages im Jülicher Haus Overbach in drei Workshops. Die Themenwahl zeigte, was dran ist in den KiTas. Ausgangspunkt: die Menschenwürde, Mittelpunkt der christlichen Sozialethik und von unserer Verfassung garantiert. Sie zu wahren und zu stärken, durch einfache Maßnahmen, durch Sensibilität im Team, durch neue Angebote, steht an. Und laut zu werden im Sinne der Kinder und Familien.
Zum Beispiel beim Thema Armut. Es gibt simple Maßnahmen, betroffene Familien vor Ausgrenzung zu schützen und die Kinder zu stärken. Das zeigte sich im Austausch mit Prof. Dr. Dominik Farrenberg von der Katholischen Hochschule Aachen. Jeden Tag einfach einen Korb mit Essen bereitzustellen, aus dem sich jedes Kind bedienen kann, ist so eine Maßnahme. Man kann Familien bei ihren bürokratischen Vorgängen unterstützen. Wichtig ist der selbstkritische Blick: nicht die eigenen Maßstäbe und Werte auf andere anzuwenden. Denn das ist kein Umgang auf Augenhöhe und diskriminiert.
Wie wichtig diese Botschaft ist, bewies die Auseinandersetzung mit Diversität. Hier gibt es noch mehr Fallstricke. Prof. Dr. Wittrahm verwies darauf, dass KiTas und ihre Teams die Gesellschaft abbilden. Das heißt, es existieren immer unterschiedliche Werte bei den Fachkräften. Darüber fortlaufend zu reden, sei der richtige Weg, zu einer gemeinsamen Haltung zu kommen. Zugleich brauche es aber sofortige, entschiedene Reaktionen und Solidarisierungen, wenn Kinder etwa wegen Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, Handicap oder Lebensalter diskriminiert werden, betonte Dihia Wegmann von FUMA Fachstelle Gender & Diversität NRW. KiTas müssten für alle Kinder Schutzraum sein.
Im Alltag vieler Einrichtungen ist nicht zuletzt wegen des Fachkräftemangels jede neue Erwartung gefühlt eine zu viel. Beim Thema nachhaltige Entwicklung entschärft sich diese Problematik beim näheren Hinsehen. Denn vieles machen KiTas schon, angefangen bei Mülltrennen und Energiesparen, und oft geht es nur darum, etwas ein wenig anders zu machen als bisher. Die Nachhaltigkeitsbrille aufsetzen, nannte das Susanne Schubert von Innowego - Forum Bildung & Nachhaltigkeit eG. Es gibt tolle einfache Ideen, Bildung für nachhaltige Entwicklung zu betreiben, wie Hochbeete, spielzeugfreie Zeiten, Reparieren, Upcyceln, Wiederverwenden. Kindgerechte Literatur, Plakate, Spiele unterstützen die Fachkräfte bei dieser Arbeit. Auch sie erfordert eine Auseinandersetzung mit der eigenen Sicht.
Die Veranstalterinnen von DiCV und DiAG KTK im Bistum Aachen zeigten sich zufrieden mit den Denkanstößen und Ideen am 6. September 2023. Jeder könne mit konkreten Anregungen in die Einrichtungen zurückkehren, die sich teilweise sofort umsetzen lassen, lautete ihr Fazit. Anderes wiederum gibt Impulse für Träger und Teams, ihr Leitbild zu prüfen, ob es noch der veränderten Welt der Kinder gerecht wird. Und last but not least muss gut unterschieden werden, was die KiTas selbst leisten können und wo die Träger und der Spitzenverband sich für Kinder, Familien und Einrichtungen politisch stark machen müssen.
Steckbrief des Fachtags
Thema: "Veränderte Kindheit. Lebensrealitäten von Kindern im Fokus!?" Fachtag am 6. September 2023 für Akteure im Feld der Kindertageseinrichtungen. Haus Overbach, Franz-von-Sales-Straße 1, 52428 Jülich, ausgerichtet vom Diözesancaritasverband Aachen und DiAG KTK, Impulsgeber: Prof. Dr. Andreas Wittrahm vom DiCV Aachen.
Workshops: "Schutzraum Kita - diversitätssensibel arbeiten", Dihia Wegmann, Bildungsreferentin, FUMA Fachstelle Gender & Diversität NRW; "Konsum und Armut - alltäglich in unserer Kita?", Prof. Dr. Dominik Farrenberg, Katholische Hochschule Aachen; "Bildung einer nachhaltigen Entwicklung", Suanne Schubert, Innowego - Forum Bildung & Nachhaltigkeit eG.
Quelle: Caritasverband für das Bistum Aachen