DiAG Eingliederungshilfe stellt Weichen für die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes
Zum Forum der Diözesanarbeitsgemeinschaft Eingliederungshilfe trafen sich am 18. September 2017 fast 100 Träger, Leitungen und externe Expert/-innen in Aachen unter dem Motto: "Das Bundesteilhabegesetz auf der Grundlage der UN-Behindertenrechtskonvention vor Ort umsetzen". Ausgangspunkt des Treffens war die Verabschiedung des "Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG)" Dezember 2016 und seine Auswirkungen auf die Leistungserbringung in Einrichtungen und Diensten der Caritas im Bistum Aachen. Die Diözesanarbeitsgemeinschaft Eingliederungshilfe Aachen (DiAG EGH) hat sich auf der Veranstaltung zusammengefunden, um auf Augenhöhe aktuelle und zukünftige Herausforderungen der Sicherung und inklusionsorientierten Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe zu diskutieren. Das Forum der DiAG hat einerseits erneut über den aktuellen Stand der rechtlichen Regelungen im Rahmen der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes informiert, sowie andererseits einen lebendigen Austausch und Vernetzung über Fragen und Anliegen, fachlicher und unternehmerischer Art, ermöglicht. Ziel war es die neuen Rahmenbedingungen zu verstehen, Lösungsansätze oder Innovationen zu entwickeln und gemeinsame Strategien, sowie Schritte zur Umsetzung bei Trägern als auch der Zusammenarbeit in der DiAG zu beraten.
Fredi Gärtner, Vorsitzender der Diözesanarbeitsgemeinschaft, und Frank Pinner, Referent im Diözesancaritasverband Aachen, begrüßten die Teilnehmenden herzlich und führten diese in den Ablauf der Tagung ein. Sie machten deutlich, dass Ziel des Vorstandes der DIAG für dieses Treffen sei den anwaltschaftlichen, unternehmerischen und fachlichen Diskurs der Umsetzung vor Ort im Bistum Aachen miteinander zu verknüpfen und die strategischen Schritte der Leistungserbringer und der Arbeit in der DiAG mit diesem "Neuanfang" - auch eines Vorstandes der nun erst seit knapp einem Jahr zusammen arbeitet - zu starten.
Danach folgte der Hauptreferent Professor Christian Bernzen (Katholische Hochschule Berlin) mit seinem Impuls: "Das BTHG verstehen - Wie sehen die neuen Rahmenbedingungen aus, die wir zur Umsetzung nutzen können?" Er betonte, dass das Gesetz geplant war als ein wichtiger Schritt, um die Menschenrechte, wie sie in der UN-Behindertenrechtskonvention 2006 festgeschrieben sind, in Deutschland umzusetzen. Deren Vorgabe ist, dass Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen, sei es im Hinblick auf Arbeit, Wohnen, Bildung oder in der Freizeit, selbstbestimmt mitten in der Gesellschaft leben können. Dazu sollen sie die Unterstützung bekommen, die sie individuell brauchen. Diesem Rechtsanspruch soll das Bundesteilhabegesetz in Deutschland - und insbesondere auch seine Umsetzung in den Bundesländern - Geltung verschaffen. Nach seiner Einschätzung wird die Umsetzung des Gesetzes mehr Autonomie für handlungsfähige Menschen mit Behinderungen bringen, aber auch mehr Bürokratie und staatliche Steuerung. Er sieht Risiken, die zu einer Verschlechterung der Bedingungen für seelisch behinderte Menschen führen können und bedauerte die weiterhin ungeklärten Verhältnisse im Bereich Schule. Insgesamt sieht er in den Grundanlage des Gesetzes eine weitere Ökonomisierung der Sozialen Arbeit. Er konkretisierte den im Gesetz festgelegten Wandel und die daraus resultierenden zentralen Veränderungen in fünf Bereichen: I. Handlungsbereich Gesamtplan und Beratung, II. Handlungsbereich Wohnen; III. Handlungsbereich Arbeit und Beschäftigung; IV. Handlungsbereich Pflege; V. Vertragliche Gestaltung.
Danach führte Frank Pinner kurz in die Strukturen der Rahmenvertragsverhandlungen in der Freien Wohlfahrtspflege und der Caritas in NRW ein. Er sagte zu, dass die Träger des Bistums Aachen über das Delegationsprinzip durch den Vorstand der Diözesanarbeitsgemeinschaft regelmäßig mit sogenannten "BTHG-Konferenz" eng in Informationswege, Beratung und Meinungsbildung mit den Spitzenverbänden der Caritas in NRW in die Beratungen bzgl. des Landesrahmenvertrages Eingliederungshilfe nach §131 SGB IX eingebunden werden. Darüber hinaus kündigte er Konferenzen in der Caritas NW an, in denen alle Träger anlassbezogen informiert und Eckpunkte beraten werden sollen.
In Folge informierten Fredi Gärtner und Gudrun Jörißen (Stellvertretende Vorsitzende der DIAG) über die entscheidenden fachlichen und unternehmerischen Herausforderungen in der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes. Dabei wurde sichtbar, dass nun eine Vielfalt von "Baustellen" der Umsetzung in Nordrhein-Westfalen und in der Diözesanarbeitsgemeinschaft in der Caritas im Bistum Aachen vor uns stehen, wie u.a.: die Trennung existenzsichernder Leistungen und Fachleistungen; die Weiterentwicklung der Teilhabe am Arbeitsleben mit anderen Anbietern und dem Budget für Arbeit; neues Vertragsrecht im Bundesteilhabegesetz und Auswirkungen auf die Leistungserbringung; neue Formen der Beratung, Bedarfsermittlung und -feststellung; Trennung der Leistungen und eine neue Zuordnung von Leistungen der Eingliederungshilfe und letztendlich auch die Beteiligung an der Entwicklung einer neuen Landesrahmenvereinbarung.
Nach den Vorträgen und der Einführung im Plenum am Vormittag wurden am Nachmittag drei "Arbeitsgruppen-Runden" in je fünf verschiedenen Räumen durchgeführt. Für die Vernetzung und den vertieften Austausch wählte die DIAG für die Veranstaltung somit methodisch ein offenes, partizipatives Format. So hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit in einem Austausch auf Augenhöhe, selbst zu bestimmen, was die Inhalte der Tagung sein sollten. Der konkrete Tagesablauf am Nachmittag wurde dann nach Interessenlage gemeinsam vor Ort festgelegt. Jede Person, die mochte, konnte eine ca. einstündige "Arbeitsgruppe" (Diskussionsrunde, Impuls, Vortrag, Workshop u.a.) anbieten. Diese Gelegenheit wurde zahlreich genutzt und es entstanden eine Vielzahl von Diskussionsrunden, die handschriftlich dokumentiert wurden. Die Themen werden nun im Anschluss durch den DIAg -Vorstand in eine Empfehlung zur weiteren vertiefenden Bearbeitung in den Gremien der Diag aufgearbeitet. Besonders möchten wir uns bei den externen Experten, wie Anette Esser und Rolf Müller (Landschaftsverband Rheinland); Christine Koeppe (Institut für Teilhabeforschung, Katholische Hochschule NRW), Bettina Herlitzius (StädteRegion Aachen) und Stephan Rausch (Agentur für Arbeit), als auch den Kolleg/-innen aus der Geschäftsstelle und der Caritas NW bedanken für die aktive Beteiligung. Die weiteren Diskussionen werden nun zeitnah in der nächsten Mitgliederversammlung am 4. Oktober 2017 in den Strukturen der Diözesanarbeitsgemeinschaft Eingliederungshilfe vertieft besprochen und somit nun sowohl im Vorstand der DIAG, im Arbeitskreis Wohnen, Arbeitskreis Arbeit und Tagesstruktur, als auch im neu gegründeten Arbeitskreis Wirtschaft fortgesetzt. Wir freuen uns, auf die weitere intensive Zusammenarbeit.
Quelle: Caritasverband für das Bistum Aachen