Der Kreuzbund im Bistum Aachen feiert seine Gründung vor 50 Jahren
Zu Beginn der Feierlichkeiten leitete der Erste Vorsitzende des Caritasverbandes für das Bistum Aachen, Weihbischof Dr. Johannes Bündgens (2.v.r.) einen Gottesdienst. Links neben ihm ist der Geistliche Beirat des Kreuzbundes zu sehen, Pfarrer Thorsten Wessling.Yvonne Michel
Rund 230 Gästen waren gekommen, um das Jubiläum der Selbsthilfegruppe zu feiern. Die Diözesanvorsitzende des Kreuzbundes, Karen Sprenger, begrüßte die Gäste, vor allem die Bundesvorsitzende des Kreuzbundes, Andrea Stollfuß, sowie den Geistlichen Beirat des Kreuzbundes, Pfarrer Thorsten Wessling. Er hatte beim vorangegangenen Gottesdienst konzelebriert.
"Menschen wurde das Leben gerettet"
Diözesancaritasdirektor Burkard
Schröders sagte in seinem Grußwort, 50 Jahre Kreuzbund im Bistum Aachen stünden dafür, unzählige Menschen in ein abstinentes Leben begleitet und neue Lebensperspektiven erarbeitet zu haben. "Es konnten Familien wieder zusammengeführt werden, und Menschen wurde das Leben gerettet, die ohne die Weggefährten des Kreuzbundes dem Alkohol sonst erlegen wären." Die Selbsthilfe, die der
Diözesancaritasdirektor Burkard Schröders sagte, der Kreuzbund habe vielen Menschen das Leben gerettet.Yvonne Michel
Kreuzbund organisiere, sei ein wichtiger Baustein, der die Suchthilfe bereichere. "Nicht jeder Betroffene ist über Beratungsstellen erreichbar. Oft macht der Einstieg über eine Selbsthilfegruppe, in der Solidarität gespürt wird, erst professionelle Hilfe möglich", sagte Schröders weiter. Der Kreuzbund gehöre zum Caritasverband im Bistum Aachen dazu und sei ein fester Bestandteil der Caritasfamilie. Gespräche mit Angehörigen dieser Selbsthilfeorganisation hätten ihn persönlich sehr bereichert. "Für alle persönlichen Gespräche und Begegnungen danke ich von Herzen", so der Diözesancaritasdirektor.
Die Bundesvorsitzende des Kreuzbundes, Andrea Stollfuß, sagte, sie sei dankbar für das, was der Kreuzbund in der Diözese Aachen in den vergangenen Jahren erreicht habe, ohne jedoch die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft aus dem Blick zu verlieren. "Neue Suchtformen und Konsummuster in der Gesellschaft bringen mit sich, dass wir unsere Angebote stets prüfen und neujustieren müssen, um Betroffene auch zu erreichen." Ihr Fazit: "Selbsthilfe wirkt und ist ansteckend gesund."
Impro-Theater und Kabarett
Zur Unterhaltung der Gäste gab es ein Impro-Theater, das unter der Leitung von Dirk Windbergs von Mitgliedern des Kreuzbundes gestaltet wurde, sowie eine Lesung und den Auftritt eines Gospelchores. Später wurden die Gäste noch von Gastredner Prof. Dr. Bollinger mit seinem Vortrag zum Thema Ehrenamt, Kommunikation und Digitalisierung ("Quo vadis Suchthilfe 2.0") überrascht. Überrascht deshalb, weil die Zuhörer erst nach und nach merkten, dass sie der Herr Professor ein wenig auf die Schippe nahm. Auf dem Podium stand nämlich kein Wissenschaftler, sondern ein Kabarettist des Scharlatan Theaters in Hamburg.
"Über sich selbst hinauswachsen"
"Die Resonanz auf das Fest hat uns sehr berührt", sagt Karen Sprenger zum Abschluss. Sie bedauerte, dass Sucht immer noch tabuisiert, als beängstigend und sehr ernst wahrgenommen werde. "In unseren Gruppen zeigen wir, dass suchtkranke Menschen wie du und ich sind, die Spaß am Leben haben und über sich selber hinauswachsen können."
Allein beim Alkohol gelten deutschlandweit schätzungsweise 1,77 Millionen Menschen als abhängig. Weitere 1,2 bis 1,5 Millionen Menschen sind medikamentenabhängig. Die Dunkelziffern sind vermutlich um einiges höher. Für Betroffene, die den Weg raus aus der Sucht schaffen wollen, kann - neben Entgiftung, Beratung und Therapie - auch der Besuch einer Selbsthilfegruppe, wie z.B. des Kreuzbundes, hilfreich sein.
Der Kreuzbund hat seinen Ursprung in der katholischen Kirche: Pfarrer Josef Neumann gründete den Verband 1896 in Aachen. Der Verband wirkte damals dem weit verbreiteten Elendsalkoholismus entgegen. Bis in die 1960er Jahre war der Kreuzbund aufgrund dieser Prägung ein Abstinenzverband. Die Mitglieder lebten solidarisch-abstinent, meist ohne selbst suchtkrank zu sein. Heute ist der Kreuzbund als Fachverband des Caritasverbandes eine deutschlandweite Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft für Suchtkranke und Angehörige.
Im Bistum Aachen wurde er 1969 mit drei Gruppen gegründet. Derzeit hat der Diözesanverband 34 Gruppen verteilt auf die Stadt und StädteRegion Aachen, die Kreise Heinsberg, Düren, Viersen, die Städte Mönchengladbach und Krefeld sowie auf Teile der Eifel. Jede Woche treffen sich in den Gruppen 410 Mitglieder sowie zusätzlich rund 200 Besucher.
Kreuzbund im Wandel der Zeit
Selbsthilfe bedeutet, dass sich Gleichgesinnte finden, die sich gegenseitig unterstützen, um sich im Alltag zurechtzufinden und Probleme aktiv zu lösen. "Wurde vor 50 Jahren noch der völlige Suchtmittelverzicht vorausgesetzt, orientieren wir uns heute mehr und mehr an dem individuellen Bedarf unserer Teilnehmer. Zufriedene Abstinenz ist weiterhin ein wünschenswertes Ziel, doch akzeptieren wir, dass Rückfälle manchmal dazugehören oder ‚nur‘ eine Reduktion des Suchtmittels angestrebt wird", erklärt Karen Sprenger, Vorsitzende des Diözesanverbandes die Haltung des Kreuzbundes. Die meisten der Besucher sind alkohol- oder medikamentenabhängig. "Willkommen sind jedoch alle Menschen, die suchtgefährdet oder abhängig sind von legalen oder illegalen Substanzen oder von Verhaltenssüchten wie Glücksspiel- oder Onlinesucht", so Sprenger weiter. Auch Familienmitglieder, die sich von der Sucht seines Partners oder eines Familienmitglieds belastet fühlen, können die Gruppen und Seminare besuchen. So erreicht der Kreuzbund auch Menschen im jüngeren und mittleren Alter.
Weitere Informationen
Ortsnahe Gruppen können über die Webseite https://kreuzbund-aachen.de oder per E-Mail-Anfrage an info@kreuzbund-aachen.de gefunden werden.
Quelle: Caritasverband für das Bistum Aachen/Kreuzbund Aachen