"Der Faktor Menschlichkeit ist leider rückläufig in unserer Gesellschaft"
In manchen Situationen sieht Thomas Halbe Schnittmengen zwischen den beiden Engagements. Natürlich kann man die Not in ihrer Tragweite schwer vergleichen, aber er hat bereits im Beruf sehr viele Menschen in höchster Verzweiflung erlebt. Als IT-Fachmann ist er mit etlichen prekären Lagen konfrontiert, mit Menschen, die durch einen Hackerangriff auf einen Schlag alle wichtigen Dokumente ihres Unternehmens verlieren, mit Menschen, die wegen einer kaputten Festplatte oder eines Handywechsels keinen Zugriff mehr auf Familien- und Urlaubsfotos haben.
Thomas Halbe engagiert sich als Notfallseelsorger und Digitalpate.Thomas Hohenschue
Die Leichtfertigkeit und Unbefangenheit, mit der Leute mit wichtigsten Daten umgehen, irritiert Thomas Halbe immer wieder. Es gibt kein solides Backup auf unabhängigen Speichermedien, keinen angemessenen Schutz der Rechner und Netzwerke vor Viren und Trojanern, kein Nachdenken, wo die Daten liegen, bevor man Geräte gegen neue austauscht, und und und. Manchmal sind es bewusste Entscheidungen, um an falscher Stelle zu sparen, zum Beispiel an zusätzlichen Festplatten. Meist sind es Unwissen und Unwillen, sich damit zu beschäftigen.
Im Rahmen seines Einsatzes bei den Digitalpaten des Caritas-Freiwilligenzentrums tut er etwas gegen die Schwellenängste und Unsicherheiten, die viele bei dem Thema IT empfinden. In der Begegnungsstätte in Willich-Schiefbahn steht der 64-Jährige mit weiteren Ehrenamtlichen in einer Sprechstunde bereit. Man hilft, wo man kann. Manchmal ist es rasch getan, manchmal ist es knifflig. Es macht Thomas Halbe Spaß, sein Wissen weiterzugeben, damit Menschen sich besser im digitalisierten Alltag zurechtfinden und die nützlichen Helferlein in Anspruch nehmen.
Dieses Motiv hat ihn auch zu einem Format von Vorträgen bewegt. Hier schließt sich erneut ein Kreis zu seinem anderen freiwilligen Einsatz. Als Notfallseelsorger hat Thomas Halbe nicht nur einmal erlebt, wie Angehörige ratlos vor dem digitalen Vermächtnis eines Verstorbenen stehen. Das fängt schon beim Entsperren des Handys an und hört bei den Zugangsdaten zum Online-Banking, zu kostenpflichtigen Abos und Social Media inklusive des auch bei Seniorinnen und Senioren beliebten Messengers WhatsApp noch nicht auf. Hier braucht es dringend Aufklärung, findet er.
In diesem Sinne reist er durch die Region und hält Vorträge. Dass er damit Familien hilft, schwierigen Situationen bei Krankheits- und Todesfällen vorzubeugen, zum Beispiel durch saubere handschriftliche Notizen von Zugangsdaten, macht ihm Freude. Der kurze Applaus ist ihm Dank genug. Letztlich speist sich sein Einsatz aus einer christlichen Grundhaltung, sagt Thomas Halbe. Auf seine Mitarbeiter in der IT-Firma strahlt das aus. Sie sagen ihrem Chef: Wenn Du für die Notfallseelsorge Bereitschaft hast, halten wir Dir den Rücken frei. Irgendwie kommt alles zurück im Leben.
Autor: Thomas Hohenschue