Dank Energiekostenberatung und finanziellem Überbrücken der Stromsperre entgehen
Marcel Schlottbohm vom Caritasverband für die Region Düren Jülich kennt viele Schicksale, die sich mit Stromsperren verbinden. Meistens kommen die Menschen zu spät in seine Beratung.Thomas Hohenschue
Marcel Schlottbohm hat beruflich mit Menschen zu tun, die das erleben. Der Stromversorger kam bei ihnen vorbei und hat ihnen den Strom abgestellt. Die Folge: Es gibt kein Licht. Alle Geräte, die man im Alltag so braucht, funktionieren nicht, auch Kühl- und Gefrierschränke nicht. Handys und anderes Batteriebetriebenes gehen nicht lange.
Die Stromversorger tun dies, weil sie es können und dürfen. Die Gesetze sind so ausgelegt, dass sie säumige Stromschuldner vom Netz abklemmen dürfen. Sie kündigen das kurz vorher schriftlich an und dann passiert es auch, wenn nicht noch das Unerwartete geschieht und der ausstehende Geldbetrag noch überwiesen wird. Die Not der Betroffenen ist groß.
Das ist die Situation, in der Marcel Schlottbohm aktiv wird. Viele Menschen kommen zu spät, sagt der Energiekostenberater beim Caritasverband für die Region Düren-Jülich. Die Fälle mehren sich, seit die Energiepreise in Folge des Ukraine-Kriegs hochgeschnellt sind und die Inflation das Leben unbezahlbar gemacht hat. Hinter Stromsperren steckt blanke Armut.
Es sind unterschiedlichste Menschen, die zu dem Sozialarbeiter kommen. Da sind Leute, die langzeitarbeitslos oder frühverrentet sind, Alleinerziehende oder kinderreiche Familien, geringfügig Beschäftigte und Menschen mit kleinen Renten. Sie alle eint eine Situation: Das Geld, mit dem sie Monat für Monat auskommen müssen, reicht vorne und hinten nicht.
Die Ursachen sind vielfältig. Längst nicht alle haben einen persönlichen Charakter. An den viel zu hohen Mieten lässt sich zum Beispiel individuell nichts ändern. Dass Lebensmittel überproportional verteuert sind, ebenfalls nicht. Dass die Regelsätze für sozialstaatliche Transferleistungen zu niedrig angesetzt sind, entzieht sich ebenfalls dem persönlichen Einfluss.
Marcel Schlottbohm kennt viele Schicksale, die sich mit Stromsperren verbinden. Die Hochschwangere, die plötzlich mit ihren Kindern im Dunkeln sitzt. Der ältere Diabetiker, dessen inhäusige Insulinversorgung von jetzt auf gleich nicht mehr gewährleistet ist. Die Familie, der 300 Euro günstig eingekaufter Lebensmittel im Tiefkühlschrank verrotten.
Dass es so weit kam, hat nach Beobachtung des Sozialarbeiters häufig damit zu tun, dass Menschen Dinge über den Kopf wachsen. Viele Betroffene haben gefühlt ganz andere Probleme, als dass sie sich um Stromrechnungen kümmern. Die fatale Tragweite, wenn sie die Post der Versorger nicht öffnen und die Außenstände nicht bedienen, ist ihnen nicht bewusst.
Marcel Schlottbohm kritisiert, dass diese Grundversorgung auf rein schriftlicher Basis abgestellt werden kann. Die Unternehmen sollten proaktiv auf säumige Schuldner zugehen, schlägt er vor. Aus seiner Arbeit etwa mit Stadtwerken weiß er, dass sich häufig Wege finden lassen. Den Strom zu sperren, ist für die Versorger die einfachste, für ihre Menschen eine fatale Lösung.
Dank eines Energiefonds aus Kirchensteuermittel, den die Caritas treuhänderisch verwaltet, können stattdessen Überbrückungen gestaltet werden. Durchschnittlich belaufen sich die Stromschulden betroffener Haushalte auf etwa 700 Euro. Im Sinne einer unbürokratischen Nothilfe, die alle Seiten zufriedenstellt, bahnt Marcel Schlottbohm solche Deals an.
Oft sind es nicht die einzigen Schulden, um die bei den Betroffenen geht, sondern es haben sich Kredite und Abos angehäuft. Auch verzeichnen diese Haushalte nicht selten einen erhöhten Strombedarf, etwa weil ihre Mitglieder den ganzen Tag über in der Wohnung sind, entsprechend länger Geräte laufen, mehr gekocht wird und so weiter.
Neben den Instrumenten der klassischen Schuldnerberatung bis hin zur geordneten Privatinsolvenz greift hier die Energiekostenberatung, die Marcel Schlottbohm anbietet. Er schaut sich mit den Leuten ihre Stromverträge an, die meistens teuer sind. Wenn es sich lohnt, hilft er beim Tarifwechsel auf dem unübersichtlichen, komplizierten Strommarkt.
Der Wechsel des Anbieters will wohlüberlegt sein, sagt der Energiekostenberater. Das kann zwar weitere Euros sparen, die ansonsten bei Lebensmitteln oder anderen Lebenshaltungskosten fehlen. Aber wenn man dann bei einem Anbieter landet, der nicht erreichbar ist und keine Kulanz bei Problemen zeigt, hat man nichts gewonnen, sondern ist im Gegenteil der Stromsperre näher.
Gerne kooperiert Marcel Schlottbohm mit den Energiesparcheckern aus Kerpen, die in die Haushalte hineingehen, um dort Möglichkeiten zum Stromsparen zu entdecken und Schritte zu ergreifen. Es fehlt an Allgemeinwissen auf diesem Gebiet. Die Sache mit dem Strom ist einfach zu abstrakt - bis er nicht mehr da ist.
Autor: Thomas Hohenschue