Beschäftigte der CBW dürfen erstmalig wählen
CBW-Geschäftsführer Michael Doersch begrüßt die Neuerung in der Gesetzgebung, dass Menschen mit Behinderung nun auch zur Wahlurne gehen dürfen.Caritas Betriebs- und Werkstätten GmbH
Micheal Doersch, Geschäftsführer der CBW, begrüßt dieses Urteil. In einem Interview begründet der Diplom-Ingenieur, warum er die Entscheidung für richtig hält.
Herr Doersch, in acht Werken an sechs Standorten in der Städteregion arbeiten 1270 Menschen mit Behinderung. Halten Sie es für sinnvoll, dass die Beschäftigten der CBW an die Wahlurne treten?
Michael Doersch: Bei uns arbeiten Menschen mit schwerstmehrfacher Behinderung, aber auch ganz fitte Menschen, die in unseren Werkstätten die Leistungsträger sind. Diese Menschen sind in ihrer Urteilsfähigkeit zum Teil nicht von den sogenannten gesunden Menschen zu unterscheiden. Viele unserer Beschäftigten haben eine politische Meinung, sie können ihr Kreuz dort machen, wo sie es richtig finden. Endlich ist das nun auch von der Gesetzgebung so gewollt.
In einem ersten Schritt erklärte das Bundesverfassungsgericht den Wahlrechtsausschluss von Menschen, für die ein Betreuer in allen Angelegenheiten bestellt wurde, für verfassungswidrig. Die Vorgaben im Bundeswahlgesetz verstießen gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl und das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung. Was ist damit gemeint?
Michael Doersch: Wenn ein Mensch mit einer Behinderung, der im Rollstuhl sitzt, eine Treppe nicht heraufkommt, weil keine Rampe gebaut ist, dann stellt sich doch die Frage: Ist der Mensch behindert, oder wird er behindert, weil der Architekt an diese Stelle keine Treppe gebaut hat? Genau auf diesen Gedankengang hat das Bundesverfassungsgericht abgezielt, denn Fakt ist: Wenn ich diesem Menschen die nötige Hilfe gebe, kann er das machen, was er will: Er kann einen Höhenunterschied überwinden. Bezogen auf die Ausübung seines Wahlrechts bedeutet das, dass wir auch in diesem Fall entsprechende Rampen bauen. Dass wir Rahmenbedingungen schaffen, die es ihm ermöglichen, an der Wahl teilzunehmen. Was ich deutlich sagen möchte: Wir dürfen Behinderung nicht per se mit "kann nicht, weil behindert" einordnen. Wir müssen unsere Sicht auf Menschen mit Behinderung ändern und fragen: Wo wird der Mensch behindert?
Es gibt Menschen mit Behinderung, die einen gesetzlichen Vertreter haben. Kann nach der Neuregelung der gesetzliche Vertreter für den Menschen mit Behinderung wählen gehen?
Michael Doersch: Nein, das geht nicht. Das Recht zu wählen ist ein ganz persönliches Recht, auch für Menschen mit Behinderung. Weil er aber das Wahlrecht ganz alleine ausführen muss und das niemand in Vertretung machen kann, kann der gesetzliche Vertreter nicht an seiner statt zur Urne gehen.
Unterstützt die CBW die Beschäftigten, die sich über die Wahl informieren wollen?
Michael Doersch: Dass wir unsere Beschäftigten bei der Informationssuche unterstützten, ist eine logische Konsequenz unserer Arbeit. Wir unterstützen unsere Beschäftigten im alltäglichen Leben und bei ihrer Arbeit. Die CBW bearbeitet auch im berufsbegleitenden Unterricht diese Themen, die für die gesellschaftliche Teilhabe wichtig sind. Ich begrüße es sehr, dass unsere Beschäftigten nun auch am Wahlrecht teilhaben können. Das ist ein wichtiger Schritt zur Inklusion.