Herausforderungen für die Caritas
Die Digitalisierung der Arbeitswelt bringt in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft an vielen Stellen einen großen Nutzen für Patienten, Klienten und Mitarbeiter mit sich. Doch auch die Risiken wachsen. Wir bewegen uns zunehmend in einem Spannungsfeld zwischen Entgrenzung und Ausgrenzung.
Immer mehr Menschen lassen sich soziale Dienstleistungen über Plattformen, Netzwerke und Communities vermitteln - oft in mangelnder fachlicher Qualität. Fragen der Qualitätssicherung stellen sich im Zuge der digitalen Transformation neu. Grundlegend sind auch Fragen des sozialrechtlichen Dreiecks-Verhältnisses (Wunsch- und Wahlrecht der Ratsuchenden) im Kontext der digitalen Transformation zu diskutieren, bevor mit neuen Geschäftsmodellen endgültige nicht widerrufbare Tatsachen geschaffen werden.
Die Wohlfahrtspflege braucht gesetzgeberische Unterstützung und Anpassung der Wege der Refinanzierung (nicht unbedingt zusätzliche Mittel), um soziale Dienstleistungen mit den notwendigen Qualitätsstandards auch in einem unregulierten Markt neuen Zuschnitts und unter neuen Bedingungen anbieten zu können.
Für die Caritas sind Datenschutz und IT-Sicherheit wichtig, weil diese die Individualrechte bewahren. Der Verbraucher ist oft Spielball einer technischen Entwicklung und seine Daten sind der "Treibstoff" einer digitalen Industrie. Soziale Arbeit muss benachteiligte Menschen dabei unterstützen, ihre digitale Teilhabe zu gewährleisten. Hierzu gehört die Entwicklung neuer, digital basierter Betreuungs- und Begleitungskonzepte, die die Chancen der Digitalisierung nutzen, ohne Menschen unbemerkt davon auszuschließen. Digitale Beratungsformate, wie die Caritas Online-Beratung, erfreuen sich hoher Nachfrage und die sich verändernden Anforderungen bedürfen umfangreicher und schneller Weiterentwicklung. Die Chancen für die soziale Arbeit durch Digitalisierung liegen in der besseren Vernetzung und der unmittelbaren Kommunikation, einer leichteren Informationssammlung und -verarbeitung. Ebenso können Arbeitsabläufe einfacher standardisiert und verbessert werden.
Positionen:
- Der Staat ist gefordert, einen Rahmen zu setzen und Standards zu definieren. So soll der Verbraucherschutz gewährleistet sein, wenn Dienstleistungen über Plattformen vergeben und die Auffindbarkeit von Anbietern nach Kriterien gesteuert werden, die nicht transparent sind.
- Die Sozialwirtschaft ist ein potenziell großer Nachfrager von Prozessen und Leistungen, die dank der Digitalisierung günstiger und besser angeboten werden können. Um diese "Digital-Dividende" zu erzielen, muss jedoch die Digitalisierung der Sozialwirtschaft durch das Land stärker unterstützt und gefördert werden. Die Caritas fordert einen "Digitalpakt für die Sozialwirtschaft". Dazu gehört beispielsweise, dass die Wohlfahrtsverbände bei den Diensten der Daseins-Vorsorge entsprechende Schnittstellen zu den Kommunen nutzen können. Das Modellprojekt einer digitalen Kommune muss ergänzt werden durch ein Modellvorhaben digitalisierter freier Träger.
- Nötig ist eine digitale Bildungsoffensive der Caritas in Partnerschaft mit anderen. Ziel ist es, Methoden und Strategien der digitalen Kommunikation sowie Formen der digitalen Prozess- und Arbeitssteuerung in den Diözesancaritasverbänden stärker als bisher zu etablieren. Dies schließt eine Überprüfung und Weiterentwicklung unserer Instrumente der Politikbegleitung und der sozialpolitischen Interessenvertretung ein.
- Die erfolgreichen Angebote der Online-Beratung sind auszubauen und konzeptionell weiterzuentwickeln.
- Arbeitsschutz und gute Rahmenbedingungen müssen Mitarbeitende in der Sozialen Arbeit so unterstützen, dass sie ihrer Aufgabe als Dienstleister, als Anwalt der Betroffenen und als Solidaritätsstifter erfüllen können.
- Digitalisierung ist ein Instrument, dessen Einsatz und Umsetzung durch die Anforderungen der Sozialen Arbeit bestimmt wird - nicht umgekehrt. Dazu müssen Zieldiskussionen und ethische Reflexionen stattfinden und Empfehlungen für das Handeln der Caritas, die digitale Transformation aktiv mitzugestalten, ausgegeben werden.