Der Tortenbäcker von Maria im Tann
Es ist fast vollbracht: Sascha Hainke gibt noch die Schokoglasur über die Torte. Solche Köstlichkeiten zuzubereiten ist das Hobby des 15-Jährigen.DiCV Aachen
Auf der Arbeitsplatte aus Holz in der Küche der Wohngruppe, in der Sascha Hainke mit neun anderen Kindern und Jugendlichen im Aachener Kinderheim Maria im Tann lebt, stehen drei bereits gebackene Tortenböden. Auch geschlagene Sahne in einem Messbecher und Pakete mit Giottos und Buenos stehen dort, Süßigkeiten, die Sascha Hainke gerne mag. Er lebt seit etwas mehr als einem Jahr in Maria im Tann, die zweite Kinderheim-Station für den 15-Jährigen. Weil sein Vater nicht weit von Aachen entfernt lebt, zog der Junge von einer Einrichtung im Bergischen Land in das Haus der Betriebsführungsgesellschaft des Katholischen Erziehungsvereins für die Rheinprovinz mit Sitz in Dormagen. Hier begann er auch sein ungewöhnliches Hobby: das Torten machen.
Kuchen gegessen hat Sascha schon immer gerne. Vor allem gebackenen Käsekuchen. Weil er sich den aber nicht immer draußen kaufen will ("Das ist doch auf die Dauer sehr teuer"), brachte sich Sascha das Backen selber bei. Zum Torten machen inspirierte ihn das Internet. Seine erste Torte war eine Raffaelo-Erdbeer-Torte. "Die ist aber nicht so besonders geworden", sagt Sascha, geht hinüber in sein Zimmer und kommt mit einem Aktenordner zurück, in dem er Fotos von seinen Torten sammelt. Hat jemand in seiner Wohngruppe Geburtstag oder bittet ihn die Leitung der Einrichtung um eine Torte, zieht sich Sascha in die Küche zurück und fängt an zu werkeln. Mittlerweile hat er viel Übung. "Für meine erste Torte habe ich zwei Stunden gebraucht. Heute geht das in etwas mehr als einer halben Stunde", sagt Sascha.
Mittlerweile hat er die Süßigkeiten in eine Schüssel gegeben und sie mit einem Löffel fein zerdrückt. Nun hebt er die Sahne unter, sodass eine Masse entsteht, die er zwischen die Tortenböden gibt. Während er die Füllung verteilt, erzählt Sascha von seinem Leben in Maria im Tann. "Für mich ist alles nur bergauf gegangen", sagt er. In der Schule stimmt es. Klassenbester ist er dort. "Wir haben heute eine Mathearbeit geschrieben", erzählt er, als er den mittleren von drei Tortenböden auf den unteren, bereits mit der Sahnemasse bestrichenen Boden legt. "Wenn die Arbeit nicht Eins ist, dann weiß ich auch nicht mehr", fügt er hinzu. Doch nicht nur in schulischer Hinsicht fühlt er sich wohl, seit er in Maria im Tann lebt. Auch das Miteinander in der Wohngruppe und der Einrichtung gefällt ihm. Zudem ist er erleichtert, dass sich der Kontakt zu seiner Mutter sehr verbessert hat, seit er im Kinderheim lebt. Zu seinem Vater hatte er immer einen guten Kontakt. Jüngst, als der Vater Geburtstag hatte, war er bei ihm und hat - wie könnte es für einen Hobby-Tortenbäcker anders sein - eine Geburtstagstorte gemacht: eine After-Eight-Torte. "Ich habe aber kein Stück davon gegessen, weil ich After Eight nicht mag", sagt Sascha. Dass der Draht zu seiner Familie besser geworden ist, führt er auf sein Leben in Maria im Tann zurück. Und auf die Hilfs- und Gesprächsangebote, die es für die Kinder und Jugendlichen gibt. "Da können wir zum Beispiel da-rüber reden, wie wir uns unser Zuhause wünschen", sagt Sascha.
Auch was seine Berufswahl angeht, ist Sascha in seiner Zeit in Maria im Tann ein gutes Stück vorangekommen. Zunächst liebäugelte er damit, Konditor zu werden. Er hat auch schon ein Praktikum in einer Konditorei ab-solviert. "Problem ist in diesem Beruf natürlich: Man muss früh aufstehen", sagt Sascha. Und das sei, räumt er ein, nicht so sein Ding. Da er auch gerne im Garten arbeitet, hat er bereits zwei Praktika bei einem Garten- und Landschaftsbauer gemacht. Und er hat sich entschieden, nach der Schule eine Lehre in dem Praktikumsbetrieb zu beginnen. "Der Chef hat mir zugesagt, mir einen Platz für die Lehre bis 2018 frei zu halten", erzählt Sascha.
Inzwischen ist die Torte fast fertig. Die Seiten sind mit der Giotto-Bueno-Masse bestrichen, auch oben ist die Torte mittlerweile bedeckt. Und Sascha hat die Süßigkeiten zur Verzierung auf der Torte drapiert. In einem Topf erhitzt er gerade Schokoladenglasur, die er in einen Frühstücksbeutel gegeben hat. Zum Abschluss wird Sascha die Glasur noch auf der Torte verteilen. Das wird künftig noch professioneller klappen, denn zu Weihnachten hat er eine Spritztüte mit unterschiedlichen Tüllen bekommen. Und auch das Aufschneiden der Tortenböden wird ihm künftig leichter von der Hand gehen, weil er eine entsprechende Schneidevorrichtung zu Weihnachten geschenkt bekommen hat. Dann ist die Torte fertig. "Das ist eine Kalorienbombe", sagt Sascha. Er stellt sie in den Kühlschrank. Lange wird sie sich dort nicht halten. Das weiß er. Denn Saschas Torten sind in Maria im Tann beliebt.