Asylbewerberleistungsgesetz: Spezielles Recht regelt soziale Angelegenheiten für Flüchtlinge
Flüchtlinge, die sich noch mit einer Aufenthaltsgestattung im Asylverfahren befinden oder eine Duldung erhalten haben, bekommen für die Dauer von 15 Monaten Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Danach erhalten Flüchtlinge zwar weiterhin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, aber analog dem SGB II und dem SGB XII. In Nordrhein-Westfalen zahlen die Kreise/Kommunen in der Regel diese Sozialleistung an die Flüchtlinge in Bargeld aus. Dies geschieht zu einem festgelegten monatlichen oder zweiwöchigen Termin. Das diskriminierende Sachleistungssystem, bei dem geflohene Menschen mit Gutscheinen nur in bestimmten Läden einkaufen können, wird nur noch in Ausnahmefällen angewandt. Flüchtlinge können somit nun über ihre Leistungen frei verfügen, um z.B. auch Anwaltskosten davon zu bezahlen.
Monatliche Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz ab 16.03.2016
Leistung nach § 3 AsylbLG
LS: zur Deckung des physischen Existenzminimums § 3 Abs. 2 Satz 2
LS: zur Deckung des soziokulturellen Existenzminimums § 3 Abs.1 Satz8
LS: nach § 3 AsylbLG
LS1: Alleinstehende 219€ 135€ 354€
LS2: zwei Erwachsene in Bedarfsgemeinschaft 196€ 122€ 318€
LS3: Erwachsene ohne eigenen Haushalt 176€ 108€ 284€
LS4: Jugendliche ab 16. bis 18.Lebensjahr 200€ 76€ 276€
LS5: Kinder ab 7.bis 14.Lebensjahr 159€ 83€ 242€
LS: Kinder bis 6. Lebensjahr 135€ 79€ 214€
Wie viel die Asylsuchenden tatsächlich als Barbetrag ausgezahlt bekommen, hängt u.a. von der Unterbringungsart ab und auch davon, ob eine Pauschale für Strom etc. einbehalten wird.
Flüchtlinge im fortgeschrittenen Alter und/oder mit körperlichen und geistigen Einschränkungen
Leistungen der Behindertenhilfe, Betreutes Wohnen, Schulbegleiter etc. sowie die Bereitstellung von Hilfsmitteln (Rollstühle, Pflegebetten etc.) werden nur mit umfassender Argumentation und größter Überzeugungskraft bewilligt. Im Prinzip ist in vielen Fällen eine Kostenübernahme möglich, oft scheuen aber die Anbieter den zusätzlichen Aufwand der Beantragung über das Sozialamt und die damit verbundene Unsicherheit der Kostenübernahme.
Eingeschränkte medizinische Versorgung
Besonders gravierend sind die nach wie vor bestehenden Einschränkungen in der gesundheitlichen Versorgung, die mindestens für die ersten 15 Monate gelten: Die Behandlungskosten werden allein über das Sozialamt finanziert, eine Mitgliedschaft in einer Krankenkasse ist zunächst nicht vorgesehen - zumindest solange der Flüchtling nicht arbeitet. Jeder Kreis/jede Kommune regelt den Zugang zu Ärzten unterschiedlich.
In einigen Kreisen/Kommunen müssen sich die Flüchtlinge vor jedem Arztbesuch einen Krankenschein bei der Behörde (in der Regel beim Sozialamt) abholen. In manchen Kreisen/Kommunen können sie direkt zum Arzt gehen, der dann mit dem Sozialamt in Kontakt tritt. Wie dies am Wohnort der Flüchtlinge funktioniert, sollte frühzeitig in Erfahrung gebracht werden. Falls akuter, zeitnaher Handlungsbedarf besteht, so führen diese Regelungen zu Verzögerungen und können teilweise schwerwiegende Folgen haben.
In der Regel werden nur die Kosten für die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände übernommen (§ 4 AsylbLG). Die Kosten für Behandlungen chronischer Erkrankungen oder von Erkrankungen, die nach Meinung der Behörden "aufschiebbar" sind, müssen gesondert in einem langwierigen Prozess nach § 6 AsylbLG beantragt werden. Einem Antrag auf Kostenübernahme beim Sozialamt, abgesichert durch ärztliche Atteste und Gutachten, folgt die Einschaltung des zuständigen Gesundheitsamtes zur Beurteilung der "Notwendigkeit". Auf Grund der langen Kommunikationswege zwischen den Behörden dauert es Wochen, manchmal Monate, bis entsprechende Behandlungen eingeleitet werden können, wenn die Notwendigkeit tatsächlich bestätigt wurde. Einige Arzt- und therapeutische Praxen schrecken vor dem zusätzlichen Verwaltungsaufwand zurück oder kennen die Wege nicht, sodass geflohene Menschen in ihrer schwierigen gesundheitlichen Verfassung allein gelassen werden.
Besonders problematisch sind die Versorgung mit Sehhilfen, Zahnersatz und die Behandlung psychosomatischer Erkrankungen
Zwar sieht das AsylbLG für besonders Bedürftige wie Folter- und Gewaltopfer oder unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (d.h. Jugendliche, die ohne Schutz ihrer Familie einreisen) inzwischen den Zugang zu erforderlicher medizinischer und sonstiger Hilfe vor, aber der hohe Verwaltungsaufwand bis zur Behandlung bleibt. Auch Flüchtlinge im Asylverfahren und mit einer Duldung haben ein Recht auf Prophylaxe und Teilnahme an den Schwangeren- sowie weiteren "gebotenen" Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen. Gelegentlich ist aber die freie Arztwahl hierbei eingeschränkt; das Sozialamt kann bestimmen, wer diese Untersuchungen vornimmt. Erhalten Flüchtlinge eine Anerkennung und damit eine Aufenthaltserlaubnis, geht die Zuständigkeit an das Job Center über, bei dem dann bei Bedarf Sozialleistungen nach SGB II oder XII (Sozialamt) beantragt und bewilligt werden müssen, solange sie über kein ausreichendes eigenes Einkommen verfügen.
Krank und ohne Papiere: Illegalisierte Flüchtlinge
Menschen, die sich ohne Papiere und damit ohne gültigen Status und Krankenversicherung in Deutschland aufhalten, haben keinen offiziellen Zugang zur Gesundheitsversorgung. Organisationen wie z.B. die Malteser Migranten Medizin (MMM) finden Ärzte, die Menschen auch ohne Papiere zeitnah behandeln, und klären auch die Kostenübernahme. Viele Illegalisierte haben Angst, Krankenhäuser und Ärzte aufzusuchen, da dort ihre Identität nachgefragt und an Behörden weitergegeben werden könnte. Deshalb helfen diese Organisationen, Anonymität zu wahren.