Mit viel Geduld für alte Menschen
RCV Mönchengladbach
Acht ehrenamtliche Seniorenbegleiterinnen haben jetzt einen Zertifizierungskurs beim Caritasverband Region Mönchengladbach abgeschlossen. Künftig betreuen sie alte Menschen.
"Ich komm’ nicht zurecht", stöhnte eine Teilnehmerin. Kein Wunder: Sie sollte zehn Gegenstände, die Kursleiterin Gabriele Drücker in einen Beutel gepackt hatte, ertasten und die Namen anschließend unter Zeitdruck aufschreiben. Eine kaum lösbare, sehr verwirrende Aufgabe. Das kleine Experiment diente dazu, sich in die Lebenswelt dementer Menschen einzufühlen.
Nicht nur diese Erfahrung hat Ursula Lohmann-Hein beeindruckt. "Alte Menschen erleben, dass manchmal die Finger den Hausschlüssel einfach nicht mehr finden", sagt die 57-Jährige, "erst im Selberwahrnehmen verstehen wir das." Sie habe im Laufe des Kurses auch gelernt, dass Menschen mit Demenz im Damals leben. "Wir müssen eine gemeinsame Zeitebene herstellen und vor allem ganz viel Geduld mitbringen", sagt sie. Antreiben und Forderungen brächten gar nichts.
Ursula Lohmann-Hein leitet seit 18 Jahren eine Seniorengymnastik. "Ich sehe das körperliche und geistige Altern meiner Teilnehmer oder die Vereinsamung, wenn der Partner stirbt", berichtet sie. Einige ihrer Seniorensportler haben demente Partner. Seit zweieinhalb Jahren besucht sie zudem regelmäßig die Bewohner eines Altenheimes. "Ich möchte alte Menschen kompetent beraten und begleiten können", sagt Lohmann-Hein über ihre Motivation, die Fortbildung beim Caritasverband zu absolvieren.
Sie und die übrigen sieben Absolventinnen im Alter von Mitte 40 bis etwa 60 Jahren haben während des sechsmonatigen Kurses viel über die Veränderungsprozesse im Alter und die Krankheit Demenz, aber auch über Themen wie rückenschonendes Lagern, Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht oder gesetzliche Betreuung erfahren. "Vieles war neu für mich", erzählt Ursula Lohmann-Hein. So habe sie beispielsweise nicht gewusst, dass Inkontinenz eine Begleiterscheinung von Demenz sein kann. Ein Praktikum in einem Altenheim des Caritasverbandes gehörte ebenfalls zum Kurs.
Caritas-Geschäftsführer Frank Polixa überreichte den ehrenamtlichen Seniorenbegleiterinnen ihre Zertifikate und dankte ihnen für ihr außergewöhnliches Engagement. "Im Zusammensein mit Senioren müssen wir unsere Geschwindigkeit drosseln", sagte er. In unserer schnelllebigen Zeit mit Turbo-Kommunikation via Facebook, E-Mail und SMS sei es umso wertvoller, wenn Menschen von anderen liebevoll und persönlich begleitet würden. Zuvor hatten die Teilnehmerinnen einen von Caritas-Vorstandsmitglied Christoph Habrich gestalteten Wortgottesdienst gefeiert.
Die Absolventinnen werden nun alte Menschen in der Region Mönchengladbach begleiten. "Wenn unsere Pflegefachkräfte den Bedarf nach einer ehrenamtlichen Betreuung erkennen, fragen sie uns an", erläutert Gabriele Drücker. Eine ehrenamtliche Seniorenbegleitung gab es früher schon einmal beim Caritasverband. "Wir möchten das Angebot ausbauen, damit wir möglichst vielen alten Menschen über die professionelle körperliche Pflege hinaus helfen können", sagt Georg Bronheim, Leiter des Caritas-Pflegedienstes. Nach den Sommerferien startet ein neuer Zertifizierungskurs. Interessenten können sich beim Caritasverband unter Tel. 02161-81020 informieren.