Geschäftsstelle begleitet Implementierung der Personalbemessung in Einrichtungen mit Forschungsprojekt
Am Transferforschungsprojekt zu bundeseinheitliche Personalbemessung gemäß § 113c SGB XI beteiligen sich seit dem 1. Januar 2023 insgesamt 18 stationären Einrichtungen der Langzeitpflege aus der verbandlichen Caritas im Bistum Aachen. Im ersten Projektjahr wurde die Fragestellung verfolgt, inwiefern sich aus den spezifischen Startbedingungen der jeweiligen Projekteinrichtungen übergreifende Erkenntnisse zu Implementierungsprozessen von Personalbemessung und kompetenzorientierten Aufgabenteilung in Organisationen der stationären Langzeitpflege herausstellen lassen.
Die bisherige einheitliche Fachkraftquote von 50 Prozent soll im Zusammenhang mit der bundeseinheitlichen Personalbemessung sukzessive durch eine bedarfsgerechte Qualifikations- und Personalstruktur in den einzelnen Pflegeheimen ersetzt werden. Für die Zukunft wird ein erheblicher zusätzlicher Bedarf vor allem an einjährig ausgebildeten Assistenzkräften prognostiziert. Die Rahmenvorgabe basiert auf der wissenschaftlichen Entwicklung und Erprobung nach qualitativen und quantitativen Maßstäben. Die Ergebnisse verdeutlichen prinzipiell einen durchschnittlich erforderlichen Personalzuwachs von insgesamt 36 Prozent, differenziert in einem Mehrbedarf von 69 Prozent bei den Assistenzkräften und 3,5 Prozent bei den Fachkräften (vgl. Rothgang u.a. 2020:257). Unabhängig von der faktischen Verfügbarkeit ausgebildeter und oder gewillter Menschen auf dem Pflege-Arbeitsmarkt, ist es für alle Organisationen der stationären Langzeitpflege nicht erst seit dem 1. Juli 2023 eine fortwährende konzeptionelle Aufgabe, die eigene Lernfähigkeit und Qualität evaluativ weiterzuentwickeln. Neben quantitativen Entwicklungsperspektiven und daraus resultierenden Möglichkeiten und Herausforderungen in der Akquise zusätzlicher Personalressourcen treten zunehmend dringliche qualitative Aspekte der Kulturveränderungen in den Vordergrund.
Die Umsetzung der bundeseinheitlichen Personalbemessung zeigt sich in den Begleitungen der DiCV-Geschäftsstelle als eine gute Gelegenheit zur Kopplung von fachlichen Organisationsentwicklungsprozessen. Der Umgang mit Personalbemessung ist immer beides zugleich: eine Umsetzung rechtlicher Normen, die von außen an die Pflege herangetragen werden. Sie ist entsprechend nicht einzig die Antwort auf Fachkräftemangel, Missstände in der Pflege usw. und sollte nicht als solche verwechselt werden. Gleichzeitig ist sie jedoch auch die Möglichkeit, ausgehend von den Mikro- und Mesoebenen der Pflegeinteraktionen in den Sorgeorganisationen eine Kulturveränderung herbeizuführen. Es gibt vielfältige gute Gründe dafür, die Fragen um einen angemessenen Personalmix von Seiten der Adressatinnen und Adressaten, Bewohnerinnen und Bewohnern, An- und Zugehörigen her zu denken. Für die professionellen Care-Teams aus den teilnehmenden Einrichtungen erhalten derartige Kernanliegen hohe Zustimmung, wenn Veränderungsbestreben als authentisches Interesse guter Pflege adressiert und angegangen werden. Darin ist die Gestaltung der Personalbemessung eine maßgebliche Führungsaufgabe zur Verantwortung humangerechter Innovationsprozesse.
Das Zentrum der Personalbemessung ist das Outcome einer (Rück-)Gewinnung von biografieorientierter, personenzentrierter Pflege- und Betreuungsarbeit, oder der systematischen Absicherung dessen. Der Fokus auf diese kulturelle Entwicklungsdimension im Auftrag der Führungskräfte, inmitten der Gestaltung neu organisierten Teams, Rollenklärungen, Delegationsschemata und Anleitungskonzepten, mit vielfältigen beruflichen Hintergründen, Qualifikationen und Kompetenzen spielt eine entscheidende Rolle für den erfolgreichen Einsatz und die nachhaltig effektive Umsetzung von Bezugspflegekonzepten.
Die Implementierung der Personalbemessung ist sowohl Zwang und Chance zugleich. Sie ist eine Chance, wenn sie als verantwortliche Leitungsaufgabe interpretiert wird, welche eine immanente Kritik in sich trägt und nicht innerhalb der eigenen organisationalen Grenzen endet. Dann geht es nicht nur um die reine Berechnung von Anhaltswerten, sondern um die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsqualität für Bewohnerinnen und Bewohner und Mitarbeitenden.