Nachdem die Expertin bereits zu Beginn der Pandemie online Tipps gegeben hat, wie sich Eltern, Kinder und Jugendliche auf die neue Situation einstellen können, gibt sie nun Tipps, wie Familien längerfristig unter Coronabedingungen das Beste aus der Situation machen können. Für die Psychologin ist eines klar: "Wir müssen durchhalten. Das Licht am Ende des Tunnels ist zwar in Sicht, der Weg bis dahin aber noch nicht abschätzbar. Das erfordert von uns allen weiterhin viel Geduld, Motivation und Kraft." Aber bei vielen werden die psychischen Reserven allmählich knapp oder sind schon aufgebraucht. Wie sich Eltern, Kinder und Jugendliche selbst und gegenseitig nun helfen können und wo sie Hilfe bekommen, hat Claudia Radermacher-Lamberty auf der Internetseite der Caritas Familienberatung Aachen zusammengestellt.
"Unsere innere Einstellung und unser Umgang mit dem Schweren beeinflusst sehr, wie sich die Situation auf unser seelisches Wohlbefinden auswirkt", sagt die Psychologin. Es gehe im übertragenen Sinne um die Frage, ob das Glas halb leer oder halb voll sei. "Gelingt es, den Fokus auf das zu richten, was trotz der derzeitigen Einschränkungen noch möglich ist, was alles noch gut gelingt oder was sich sogar neu entwickelt oder positiv verändert hat, wird unser Blick unweigerlich positiver und unsere Perspektive optimistischer", sagt Radermacher-Lamberty.
Eltern empfiehlt die Psychologin zu überlegen, wie sie sich emotional entspannen und den Blick auf Positives lenken können. Jetzt sei nicht die Zeit, "große Erziehungsmaßnahmen durchzusetzen". Es komme vielmehr darauf an, "etwas nachsichtiger sich selbst und den anderen gegenüber zu sein". Dabei sollten Eltern sich nicht in negativen Gedanken festfahren, sondern am Ende des Tages darauf schauen, was gut geklappt hat. Denn jede noch so kleine positive Erfahrung gibt jetzt Kraft: "Wo gab es schöne Momente, kleine Lichtblicke? Wo haben wir Spaß miteinander gehabt oder auch Neues entdecken können?" Jetzt sei wichtig, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen: sich in Erinnerung zu rufen, was in der Vergangenheit in schwierigen und stressigen Situationen hilfreich gewesen ist, was damals Kraft und Stärkung gegeben hat. Das mache Mut und helfe durchzuhalten.
Für Kinder sei Unterstützung notwendig, damit sie gut durch diese Zeit kommen. Denn sie brauchen jetzt einen Teil ihrer Energie, um die angespannte Situation und ihren Stress zu bewältigen. Während für Babys und Kleinkinder vor allem Körperkontakt zu den Eltern wichtig sei, könnten etwas größere Kinder gut entspannen, wenn ihnen auf dem Schoß der Eltern sitzend vorgelesen werde. Für Kinder im Kindergartenalter könnten kleine Fantasiereisen hilfreich sein. Zudem sei Bewegung für alle Kinder wichtig. Claudia Radermacher-Lamberty weist darauf hin, dass häusliches Lernen mit den Unterrichtsmaterialien der Schule nicht das gleiche sei wie Üben e oder Hausaufgaben bei normalem Schulbesuch. Kinder müssten jetzt selbständiger arbeiten, wofür manche Kinder mehr Unterstützung der Erwachsenen bräuchten. "Jetzt ist nicht Druck oder Kritik der Eltern angesagt, sondern Verständnis für ihre Frustrationen und gemeinsames Überlegen, unter Umständen auch mit dem Lehrer, der Lehrerin, was beim Lernen zuhause hilfreich sein kann", sagt die Psychologin.
Auch Kindern geben der Blick am Ende des Tages auf das, was Spaß gemacht hat sowie ein Anstoß, neue Pläne zu schmieden ein positives Gefühl. Neben ihrem sozialen Lebensraum Familie brauchen sie unbedingt den Kontakt zu Freunden. Umso wichtiger sei jetzt, nach kreativen Lösungen zu suchen, wie Kinder trotz der Beschränkungen ihre Kontakte aufrechterhalten und auch ihre Hobbys weiter pflegen können. Wenn auch nicht in gewohnter, sondern veränderter, z.B. digitaler Form, könnten sie so dennoch für Ausgleich und Freude sorgen.
Jugendliche bräuchten in dieser Situation zum Durchhalten viel Entspannendes, viele positive Lichtblicke und Perspektiven für die Zeit danach, sagt die Psychologin. Sie seien in einer Lebensphase, in der sie sich lösen und stärker Freunden zuwenden würden. "Eine durch die Kontaktbeschränkungen erzwungene größere und permanente Nähe zu den Eltern bei gleichzeitig sehr eingeschränktem bis gar keinem persönlichen Kontakt zu Freunden und Gleichaltrigen bedeutet für sie zurzeit vermehrten Stress", sagt Claudia Radermacher- Lamberty. Sie seien kooperativer in der Abwägung zwischen ihren Kontaktbedürfnissen und notwendigem Infektionsschutz, wenn sie sich ernst genommen und in Entscheidungen miteingebunden fühlen.
Familien sollten sich auch nicht scheuen, Hilfe zu suchen. "Das kann der Fall sein, wenn Eltern merken, dass sich das Verhalten ihrer Kinder, ihres Partners oder ihr eigenes Verhalten ungünstig verändert hat und sie dadurch verunsichert und hilflos sind", sagt Claudia Radermacher-Lamberty. Für die Psychologin ist es nur allzu verständlich, wenn Eltern, Kinder und Jugendliche sich jetzt überfordert fühlen oder psychische Auffälligkeiten entwickeln: "Dies alles sind normale psychische Reaktionen auf diese außergewöhnlichen Lebensumstände, die uns seit einem Jahr im Griff haben." Auch werdende Eltern können aufgrund der Kontaktbeschränkungen zusätzliche Sorgen und Ängste haben, weil die sonst mögliche Begleitung und soziale Unterstützung wegfällt. In solchen Situationen ist die Caritas Familienberatung Aachen Ansprechpartner für die Familien.
Die Tipps von Claudia Radermacher-Lamberty gibt es im Internet unter: www.beratung-caritas-ac.de/corona-update.
Die Caritas Familienberatung Aachen ist für eine kostenfreie Telefonsprechstunde erreichbar von Montag bis Freitag in der Zeit von 9 bis 12 Uhr, zusätzlich Donnerstag von 16 bis 18 Uhr unter 0241 / 33953 und 0241 / 479870. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich!