Der Aachener Diözesan-Caritasdirektor Burkard Schröders beklagt angesichts der aktuellen Zahlen: "Gelingt der Ausweg aus Hartz IV, ist das häufig nicht von Dauer. Wenn Arbeitslose im Hartz-IV-System eine Arbeitsstelle finden, dann in erster Linie in der Leiharbeit." Das gilt auch für das Bistum Aachen. Denn Hartz-IV-Empfänger aus den Kommunen im Bistum Aachen haben kaum Chancen am Arbeitsmarkt. Das zeigt der aktuelle Arbeitslosenreport NRW der Freien Wohlfahrtspflege NRW. Die Zahlen für das Bistum liegen damit im Landestrend, denn die Chancen für Hartz-IV-Empfänger auf dem Arbeitsmarkt sind landesweit insgesamt schlecht.
2015 gelang es pro Monat durchschnittlich nur 1,7 Prozent von ihnen im Bistum Aachen, eine sozialversicherungspflichtige Stelle zu finden. Bei den Langzeitarbeitslosen im Bistum ist der Ausstieg aus dem Leistungsbezug häufig nicht von Dauer. Von 54.820 Hartz-IV-Empfängern im erwerbsfähigen Alter, die 2015 den Leistungsbezug in Bistum Aachen beendet haben, mussten 27 Prozent innerhalb von drei Monaten erneut Unterstützung vom Jobcenter beantragen. Ein häufiger Grund hierfür sind instabile und befristete Jobs, z. B. in der Leiharbeit.
Landesweit gesehen belegt die Leiharbeitsbranche mit 28 Prozent Platz eins der Arbeitgeber für vormals arbeitslose Hartz-IV-Empfänger. Im Bistum Aachen kamen 29 Prozent der Arbeitslosen im Hartz-IV-System, die zwischen Juli 2015 und Juni 2016 eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufnahmen, in der Leiharbeit unter. Dabei verweist der Arbeitslosenreport NRW auf Aussagen des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: Die Leiharbeitsbranche habe nur eine geringe Brückenfunktion in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis. Demnach hatten nur sieben Prozent der vormals Arbeitslosen, die zunächst eine Stelle in der Leiharbeit hatten, zwei Jahre später eine existenzsichernde Beschäftigung außerhalb der Arbeitnehmerüberlassungsbranche. Landesweit zeigt sich, so der Arbeitslosenreport, dass die Arbeitsverhältnisse in der Leiharbeit nur von kurzer Dauer sind. Mehr als die Hälfte der Leiharbeitsverhältnisse endet nach weniger als drei Monaten. Danach geht es in der Regel zurück in Arbeits- und Perspektivlosigkeit.
"Es genügt nicht, Menschen nur kurzfristig in Arbeit zu bringen, sie müssen dauerhaft in Arbeit bleiben" sagt der Aachener Diözesan-Caritasdirektor Burkard Schröders. "Sie brauchen auch nach der Aufnahme einer Beschäftigung aktive Unterstützung und fachliche Beratung." Schröders verweist damit auf den im August 2016 ins für Langzeitarbeitslose zuständige Sozialgesetzbuch II aufgenommenen Paragraphen 16g. Diese Regelung ermöglicht aktive Leistungen zur nachhaltigen Eingliederung in Arbeit, wie z. B. Beratungsangebote auch noch bis zu sechs Monate nach der Beschäftigungsaufnahme. Schröders appelliert an die regionalen Jobcenter und die örtlichen Arbeitgeber, die Chance zu nutzen, die diese neue Regelung zur betrieblichen Eingliederung ehemals langzeitarbeitsloser Mitarbeitender bietet: "Vormals Langzeitarbeitslose in den ersten Monaten ihrer neuen Beschäftigung durch Fachkräfte zu coachen, die im Umgang mit Langzeitarbeitslosen erfahren sind, ist ein Weg. Dem neuen Arbeitgeber sowie den neuen Kolleginnen und Kollegen können diese Coaches als Ansprechpartner und auch als Krisenmanager zur Verfügung stehen. Dies kann schnelle Abbrüche und das Scheitern in den ersten Monaten verhindern."
Die Wohlfahrtsverbände in NRW veröffentlichen mehrmals jährlich den "Arbeitslosenreport NRW". Darin enthalten sind aktuelle Zahlen und Analysen für Nordrhein-Westfalen; Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Jede Ausgabe widmet sich einem Schwerpunktthema. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und SBGII-Hilfequoten, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW sowie übersichtliche Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet unter www.arbeitslosenreport-nrw.de heruntergeladen werden. Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung (ISAM) der Hochschule Koblenz. Ziel der regelmäßigen Veröffentlichung ist es, den öffentlichen Fokus auf das Thema Arbeitslosigkeit als wesentliche Ursache von Armut und sozialer Ausgrenzung zu lenken, die offizielle Arbeitsmarkt-Berichterstattung kritisch zu hinterfragen und dabei insbesondere die Situation in Nordrhein-Westfalen zu beleuchten.