"Im März 2020, zu Beginn der Corona-Krise, waren im Bistum Aachen 11.365 Personen zwischen zwölf bis 24 Monaten arbeitslos. Heute, nach mehr als einem Jahr Pandemie, sind es 18.120 Personen. Das entspricht einer Steigerung von 57,2 Prozent", sagt Stephan Jentgens, Diözesancaritasdirektor im Bistum Aachen. Jetzt müsse gehandelt werden. "Es wäre fahrlässig und naiv, allein darauf zu vertrauen, dass demnächst die Konjunktur wieder anspringt und die neuen Langzeitarbeitslosen schon irgendwie wieder in Arbeit kommen. Das Gegenteil ist der Fall: Langzeitarbeitslose werden dann am Markt in ungewollter Konkurrenz zu zahlreichen anderen Personen stehen, die aus Schule, Ausbildung, Studium oder aus der Kurzzeitarbeitslosigkeit in eine Arbeitsstelle wollen - und haben da im Allgemeinen das Nachsehen", sagt Jentgens
Der Diözesancaritasdirektor fordert neben beruflicher Weiterqualifizierung verstärkt Coaching und psycho-soziale Beratung sowie niedrigschwellige offene Beratungs- und Begegnungsangebote im Sozialraum. "Die Beratungsstellen Arbeit in NRW sind beispielsweise gerade jetzt enorm wichtig, damit Langzeitarbeitslose in ihrer schwierigen Situation Ermutigung, Unterstützung und den solidarischen Rückhalt der Gesamtgesellschaft erfahren können", so Jentgens. Der Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW, zu der auch der Caritasverband für das Bistum Aachen gehört, belegt, dass im Mai 2021 in Nordrhein-Westfalen vor allem Personen ohne Schulabschluss (im Bistum Aachen 28,3 Prozent) oder mit Hauptschulabschluss (im Bistum 41,2 Prozent) am stärksten von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind.
Warnung vor einer "Generation Corona"
Roman Schlag, beim Caritasverband für das Bistum Aachen zuständig für Arbeitsmarktfragen, ist vor allem darüber besorgt, dass der stärkste Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit bei jüngeren und jüngsten Altersgruppen zu verzeichnen ist. Im Mai 2021 waren im Bistum Aachen 1.177 Personen im Alter zwischen 15 und unter 25 Jahren und 7.632 Personen zwischen 25 und unter 35 Jahren bereits ein Jahr oder länger arbeitslos. "Diese Zahlen beunruhigen mich", sagt Schlag und warnt vor einer "Generation Corona". Gerade in diesen Altersgruppen könne viel erreicht werden mit Bildungsberatung, Bildungsbegleitung und einer Art "Bildungsbonus" für diejenigen, die sich beruflich neu orientieren und eine längere Qualifizierung absolvieren wollten.
Aus der Langzeitarbeitslosigkeit in die Erwerbsarbeit einzusteigen, sei seit Ausbruch der Corona-Pandemie noch schwieriger geworden, sagt Schlag. Selbst Unternehmen, die nicht direkt vom Lockdown betroffen gewesen seien, hätten in wirtschaftlich unsicheren Zeiten kaum Spielraum für Neueinstellungen gehabt. "Wer arbeitslos wurde, fand wegen Corona nicht so schnell einen neuen Job, und deswegen sind mehr Arbeitslose als früher nun in die Langzeitarbeitslosigkeit abgeglitten", erläutert Schlag. "Wir müssen alles tun, um jetzt den drohenden Sockeleffekt zu verhindern, der eintritt, wenn bestimmte Personengruppen am Ende nicht mehr aus der Arbeitslosigkeit herauskommen, weil der konventionelle Arbeitsmarkt mit jedem weiteren Jahr ihrer Langzeitarbeitslosigkeit immer weniger bereit ist, sie zu integrieren", sagt er.
Pressemitteilung
Caritas: Langzeitarbeitslosigkeit nimmt wegen Corona zu
Erschienen am:
24.06.2021
Herausgeber:
Caritasverband für das Bistum Aachen e.V.
Haus der Caritas
Kapitelstraße 3
52066 Aachen
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