Das geht aus dem aktuellen Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW hervor, zu der auch der Caritasverband für das Bistum Aachen gehört. 64,7 Prozent der Menschen, die im Juni laut offizieller Statistik im Bistum aus der Arbeitslosigkeit herausgekommen sind, fallen jedoch tatsächlich aus anderen Gründen aus der Statistik heraus. Sie zählen nicht mehr als arbeitslos, weil sie beispielsweise arbeitsunfähig, wegen Krankheit, Erziehungs- oder Pflegezeiten für das Arbeitsamt vorübergehend nicht verfügbar oder gerade in einer geförderten Maßnahme sind. Der Arbeitslosenreport der Wohlfahrtsverbände in NRW untersucht die Statistik über den Ausstieg aus der Arbeitslosigkeit genauer.
Stephan Jentgens, Caritasdirektor im Bistum Aachen, kommt zum Ergebnis: "Diese Statistik beschönigt die Arbeitslosigkeit und geht an der Lebensrealität der betroffenen Menschen vorbei." Das gelte auch für das Bistum. 99.504 Menschen waren dort laut Arbeitslosenreport im Juni unterbeschäftigt. "Diese Zahl der Unterbeschäftigten ist die genauere Arbeitslosenzahl, weil in ihr auch alle Personen mitgezählt werden, die faktisch arbeitslos sind, aber in der offiziellen Statistik nicht auftauchen", sagt Jentgens.
Der Diözesancaritasdirektor begrüßt zwar ausdrücklich den langsamen Rückgang der Arbeitslosenzahlen, doch die Gesamtzahl der als arbeitslos erfassten Menschen, die nicht wieder in die Erwerbsarbeit zurückkehren, sei aktuell definitiv zu hoch. "Die Wohlfahrtsverbände fordern deshalb verstärkte Anstrengungen von Unternehmen und der öffentlichen Hand, um Arbeitsplätze zu schaffen und Arbeitsprozesse so zu gestalten, dass Viele teilhaben können", sagt Jentgens.
Eine differenzierte Auswertung der Statistik nach Personenmerkmalen belegt: Männern und jungen Menschen unter 25 Jahren gelingt es deutlich besser, aus der Arbeitslosigkeit heraus in Erwerbsarbeit zu kommen als Langzeitarbeitslosen, Schwerbehinderten, älteren Menschen, Alleinerziehenden und Frauen.
Menschen, die noch nicht lange arbeitslos sind, gelten bis zu zwölf Monate als arbeitsmarktnah. Viele beziehen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB III). Ihnen gelingt es laut Statistik deutlich häufiger, aus der Arbeitslosigkeit wieder in die Erwerbstätigkeit zu gelangen, als Langzeitarbeitslosen und anderen, die Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende nach dem SGB II beziehen. Das gilt auch für das Bistum Aachen: Haben dort im Juni 2021 immerhin 49,0 Prozent der Personen, die aktive Arbeitsförderungsmaßnahmen erhielten, die Arbeitslosigkeit verlassen, waren es nur 22,7 Prozent der Menschen, die Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende bezogen.
Roman Schlag, beim Caritasverband für das Bistum Aachen zuständig für Arbeitsmarktfragen, sagt: "Der Arbeitslosenreport belegt einmal mehr, dass die Wiederaufnahme einer Erwerbsarbeit nach Arbeitslosigkeit vor allem Menschen im Rechtskreis der Arbeitslosenversicherung gelingt, die in der Regel noch nicht lange arbeitslos sind. Für einkommensarme und langzeitarbeitslose Menschen, die Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende erhalten, ist es viel schwerer, die Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu beenden. Die Freie Wohlfahrtspflege fordert deshalb den deutlichen Ausbau öffentlich geförderter Beschäftigung, die für viele dieser Personen die einzig realistische Chance zur Teilhabe am Arbeitsmarkt ist."
Auch manche älteren Menschen und Personen in besonderen sozialen Schwierigkeiten wie Wohnungslose und Suchtkranke hätten ohne öffentliche Förderung kaum Chancen auf Teilhabe am Arbeitsmarkt. Für sie brauche es zusätzliche Förderinstrumente, die eine Weiterbeschäftigung mit Lohnkostenzuschuss und Arbeitsvertrag notfalls bis zur Rente möglich machten, sagt Schlag.