"Im Bistum Aachen werden 3,8 Prozent von der Förderung erreicht", sagt Stephan Jentgens, Diözesancaritasdirektor im Bistum Aachen, unter Berufung auf den aktuellen Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW. "Das ist deutlich zu wenig. Diese Förderung ist eigentlich ein gutes Instrument, aber es hakt bei der Umsetzung."
Das Sozialgesetzbuch II, das die Grundsicherung für Arbeitssuchende regelt, sieht im Paragraph 16i vor, dass diejenigen Arbeitgeber Förderung erhalten können, die vom Jobcenter zugewiesene Langzeitarbeitslose in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis beschäftigen Ziel dieser Regelung ist es, arbeitsmarktfernen Menschen soziale Teilhabe durch eine längerfristige öffentlich geförderte Beschäftigung zu ermöglichen. Tatsächlich erreicht diese Förderung nur einen Bruchteil der arbeitslosen Langzeitleistungsbeziehenden. Das geht aus der Statistik der Bundesagentur für Arbeit hervor, auf die sich der Arbeitslosenreport bezieht. Demnach profitieren deutsche Männer am meisten von dem Förderinstrument. Mehr als die Hälfte der Langzeitleistungsbeziehenden in NRW sind jedoch Frauen (52,4 Prozent). In der Gruppe der Geförderten wird deutlich, dass es hier im Jahr 2021 NRW- weit lediglich 36,7 Prozent waren, also nur rund ein Drittel. "Wir müssen uns fragen, woran das liegt. Warum bekommen die Förderung überwiegend deutsche Männer, die auf Grund ihrer Voraussetzungen ohnehin eine bessere Chance auf dem Arbeitsmarkt haben?", fragt Jentgens. Bei Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit ist die Diskrepanz noch eklatanter als bei den Frauen. Ihr Anteil unter den Leistungsbeziehenden liegt in NRW bei 42 Prozent. Unter den vom Jobcenter den Unternehmen zugewiesenen Menschen in NRW sind sie mit einem Anteil von 15,7 Prozent in der Förderung deutlich unterrepräsentiert.
"Beim Förderprogramm gibt es Nachbesserungsbedarf. Teilzeit, Kinderbetreuung oder Sprachförderung müssen mitgedacht und Teil des Programms werden", sagt Roman Schlag, beim Caritasverband für das Bistum Aachen zuständiger Fachreferent für die Förderung von Langzeitarbeitslosen. "Ein Förderprogramm, das so viel Potenzial hat, muss alle Menschen mitnehmen, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft." Kritisch sieht Schlag auch, dass Grundvoraussetzung für die Förderung eine Dauer der Arbeitslosigkeit von mindestens sechs Jahren innerhalb der vergangenen sieben Jahre ist. Dies müsse deutlich verkürzt werden, zumal Zeiten wie Arbeitslosengeld I-Bezug oder Beschäftigung im Bundesfreiwilligendienst nicht einmal mitzählen. "Warum müssen Menschen erst sechs Jahre arbeitslos sein, damit sie eine Förderung erhalten können, die eine wirkliche Chance bietet, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen?", fragt Schlag.
Schlag, der auch Geschäftsführer der Diözesanarbeitsgemeinschaft Integration durch Arbeit im Bistum Aachen ist, weiß aus dem Kontakt mit vielen Arbeitslosenprojekten im Bistum: "Je länger Arbeitslosigkeit dauert, desto schwieriger ist es, den Weg aus der Arbeitslosigkeit zu finden. Gesellschaftlich sinnvoller und volkswirtschaftlich günstiger ist es, die Förderung viel früher einzusetzen, damit über Jahre verfestigte Arbeits- und Hoffnungslosigkeit erst gar nicht entsteht." Je länger mit einer Förderung gewartet werde, desto schneller gingen auch vorhandene berufliche Kenntnisse verloren.