Der Report, den das Institut für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung (ISAM) der Hochschule Koblenz im Auftrag der Freien Wohlfahrtspflege NRW herausgibt, zeigt unter Berufung auf die offizielle Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit: 81 Prozent der Hartz IV-Bezieher ab 55 Jahren im Bistum erhielten im Dezember 2017 seit mindestens zwei Jahren Hartz IV-Leistungen. In der jüngeren Vergleichsgruppe unter 55 Jahren im Bistum waren dagegen rund 61 Prozent seit mindestens zwei Jahren auf diese staatliche Unterstützung angewiesen. 4.694 Hartz IV-Bezieher im Bistum Aachen, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, fehlen in der Statistik der Arbeitslosen komplett. Sie werden aufgrund einer Sonderregelung nicht mehr erfasst. "Die Zahlen zeigen, dass mit zunehmendem Alter das Risiko des dauerhaften Hartz IV-Bezuges und damit das der Altersarmut steigt", sagt Diözesancaritasdirektor Burkard Schröders. Wer sich mit 55 Jahren neu bewerben müsse, finde nur schwer einen Job. Das sei die Erfahrung vieler Arbeitssuchender, obwohl ältere Arbeitnehmer dringend gebraucht würden und Fachkräfte fehlten. "Selbst in diesem Alter haben die allermeisten Menschen noch fast zehn Berufsjahre bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze vor sich. Es ist unwürdig, ihnen keine Chance mehr auf einen Job zu geben. Wir müssen alles daransetzen, ihnen so lange wie möglich den Zugang zu sinnstiftender, guter Arbeit offenzuhalten", sagt Schröders.
Fehlende oder veraltete berufliche Qualifikationen, aber auch Vorbehalte von Arbeitgebern gelten als Hauptgründe für die Schwierigkeiten älterer Menschen bei der Jobsuche. Ältere Hartz IV-Bezieher ab 50 Jahren nehmen jedoch laut Arbeitslosenreport NRW im Bistum Aachen auf insgesamt niedrigem Niveau seltener an Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung teil als jüngere Hartz IV-Bezieher, 12,2 Prozent im Vergleich zu 22,3 Prozent. 28,2 Prozent der Hartz IV-Empfänger ab 50 Jahren werden im Bistum mit Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung gefördert, in denen gezielt Vermittlungshemmnisse abgebaut werden sollen. Damit liegen sie unter dem Wert der jüngeren Vergleichsgruppe (30 Prozent). "Es ist wichtig, dass spezifische Weiterbildungs- und Förderangebote für ältere Arbeitslose entwickelt und finanziert werden", sagt Roman Schlag. Er ist beim Caritasverband für das Bistum Aachen zuständig für arbeitsmarktpolitische Fragen. Zudem sei für die Beratung mehr Zeit nötig, was wiederum einen besseren Betreuungsschlüssel bei den Jobcentern erfordere.
Der Arbeitslosenreport zeigt aber auch, dass ältere Menschen im Bistum Aachen auch in Arbeitsgelegenheiten oder in geförderten sozialversicherungspflichtigen Stellen beschäftigt sind (28,6 Prozent der Fördermaßnahmen). "Für ältere Langzeitarbeitslose, die große gesundheitliche Probleme oder besondere soziale Schwierigkeiten haben, ist ein solcher Arbeitsplatz oft die einzige realistische Chance, ihr Menschenrecht auf Arbeit zu verwirklichen", sagt Roman Schlag. "Deshalb freuen wir uns über den Ausbau öffentlich geförderter Arbeitsplätze mit Sozialversicherungspflicht und Arbeitsvertrag, den das Teilhabenchancengesetz ab Januar 2019 möglich machen wird."
Der Caritasverband für das Bistum Aachen fordert, in besonderen Härtefällen den betroffenen Menschen auf Wunsch eine entfristete Fortsetzung ihrer öffentlich geförderten Beschäftigung bis zum Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze zu ermöglichen. "Arbeit bedeutet Wertschätzung, soziale Teilhabe und Tagesstruktur", betont Roman Schlag. Ältere Menschen hätten ein Recht darauf, eines Tages aus der Arbeit und nicht aus der Arbeitslosigkeit in Rente zu gehen.