Lag die Zahl der Arbeitslosen aus den zuzugsstärksten Asylherkunftsländern im Bistum im Juni 2015 noch bei 1.924 Personen, stieg sie im Juni 2017 auf 4.839 Personen an. Das hat das Institut für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung (ISAM) der Hochschule Koblenz im Auftrag der Freien Wohlfahrtspflege NRW ermittelt. Dabei berücksichtigte es die Personen aus Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien. Die Entwicklung Im Bistum ist vergleichbar der in Nordrhein-Westfalen. Landesweit waren 22.602 Personen aus diesen Ländern im Juni 2015 ohne Arbeit. Im Juni 2017 waren es 58.283 Personen.
"Dass geflüchtete Menschen inzwischen auch in der Arbeitsmarktstatistik sichtbar werden, darf nicht verwundern", sagt Roman Schlag, Fachreferent für Arbeitsmarktpolitik beim Caritasverband für das Bistum Aachen. Das hänge mit der starken Fluchtmigration im Jahr 2015 zusammen und der Beschleunigung der Asylverfahren. "Wir dürfen aber nicht übersehen, dass im verstärkten Zuzug von Personen aus Asylherkunftsländern außerhalb Europas auch eine Chance liegt, wenn man jetzt an den richtigen Stellschrauben dreht", sagt Schlag. Im Bistum sei die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus nicht europäischen Asylherkunftsländern im Zeitraum von September 2015 bis September 2016 um 67,7 Prozent auf insgesamt 2.393 Personen gestiegen. "Wir verkennen nicht, dass trotz dieses Potenzials noch viel zu tun ist, um Geflüchtete in den Arbeitsmarkt zu integrieren", sagt Schlag.
Einer der Punkte, die die Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt erschweren, ist nach den aktuellen statistischen Erhebungen der Bundesagentur für Arbeit die mitgebrachte schulische und berufliche Qualifikation der Geflüchteten. Sie ist mehrheitlich noch nicht ausreichend. Das gilt auch für das Bistum Aachen. Zwar bringen 16,9 Prozent ein überdurchschnittlich hohes schulisches Bildungslevel durch Abitur oder Hochschulreife mit. Allerdings ist der Anteil Geflüchteter ohne Hauptschulabschluss mit 25,8 Prozent ebenfalls vergleichsweise hoch. "Was wir aber positiv vermerken sollten ist: Bei vielen Geflüchteten ist von einem großen Bildungspotential auszugehen", sagt Roman Schlag. Denn in NRW seien 62 Prozent der Geflüchteten jünger als 35 Jahre.
Der Arbeitslosenreport NRW gibt auch erste Anhaltspunkte darüber, für welche Berufe die Mitarbeiter der Jobcenter und Arbeitsagenturen die erwerbsfähig Geflüchteten aktuell als sofort vermittelbar einstufen. Dabei wird grob unterschieden nach Helfer, Fachkraft/Spezialist und Experte. Demnach kommen im Moment in NRW für mehr als jeden zweiten Geflüchteten (65 Prozent) lediglich Jobs auf Helferniveau infrage. Nur 13 Prozent können Fachkraft- oder Spezialistenniveau nachweisen. Eine ähnliche Tendenz zeigt sich im Bistum Aachen. Hier kommen 65,9 Prozent als Helfer und nur 13,9 Prozent als Fachkraft oder Spezialist in Frage.
Bei der Interpretation der Statistik der Bundesagentur für Arbeit muss aber auch berücksichtigt werden, dass grundsätzlich jede Person, die beispielsweise aufgrund fehlender berufspraktischer Anerkennung, aktuell in Deutschland nicht als Fachkraft arbeiten kann, in der Statistik der Arbeitsagentur zunächst als "Helfer" geführt wird - selbst wenn er oder sie im Herkunftsland Arzt oder Apothekerin war.
"Es muss strukturiert und engagiert in die Qualifizierung von jüngeren Arbeitslosen investiert werde. Sprachförderung, die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen und Investitionen in berufliche Qualifizierung und Berufsausbildung sind wichtige Beiträge für eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration", sagt Roman Schlag. Bisher, so Schlag weiter, würden laut Arbeitslosenreport NRW für Geflüchtete hauptsächlich eher kurze Maßnahmen angeboten. Auch im Bistum waren im März 2017 72,1 Prozent aller arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für Geflüchtete eher kurze Kurse der Aktivierung und beruflichen Eingliederung. "Diese kurzen Maßnahmen leisten zu Beginn der Arbeitsmarktintegration der Geflüchteten lediglich einen Beitrag zur ersten Orientierung am deutschen Arbeitsmarkt", so Roman Schlag. Um das bei doch vielen bestehende Defizit bei Qualifikation und beruflichen Vorkenntnisse zu beheben, seien erheblich mehr Anstrengungen notwendig. "Deshalb fordern wir von der Freien Wohlfahrtspflege für Geflüchtete individuelle, bedarfsgerechte und kontinuierliche Begleitung zur Integration in Ausbildung und Arbeit durch längerfristige und an pädagogischen Konzepten ausgerichtete Coaching-Angebote. Um dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt über die Vermittlung kurzer Jobs hinaus sicherzustellen, müssen wir die Eingliederungsprozesse längerfristig planen. Die Jobcenter brauchen dafür zusätzliche Finanzmittel aus Berlin mit denen auch mehrjährige Fort- und Weiterbildungen finanziert werden können", sagt der Arbeitsmarktexperte der Caritas im Bistum Aachen.
Die Wohlfahrtsverbände in NRW veröffentlichen mehrmals jährlich den "Arbeitslosenreport NRW". Darin enthalten sind aktuelle Zahlen und Analysen für Nordrhein-Westfalen. Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Ziel der regelmäßigen Veröffentlichung ist es, den öffentlichen Fokus auf das Thema Arbeitslosigkeit als wesentliche Ursache von Armut und sozialer Ausgrenzung zu lenken. Alle Ausgaben des Arbeitslosenreports sowie weiterführende Informationen unter: http://freiewohlfahrtspflege-nrw.de/initiativen/arbeitslosenreport-nrw/.