Im Dezember 2018 waren in der Bistum Aachen 121.246 Menschen als so genannte erwerbsfähige Leistungsberechtigte auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Aber laut Arbeitslosenreport gelang es nur 1.862 mal, eine dieser Personen in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu integrieren. "Die Zahlen machen deutlich: Hartz-IV-Empfänger haben es nach wie vor schwer, überhaupt wieder einen Fuß in den Arbeitsmarkt hineinzubekommen. Und das heißt dann noch lange nicht, dass sie auf dem Arbeitsmarkt auch wirklich Fuß fassen", sagt Roman Schlag. Beim Caritasverband für das Bistum Aachen ist er zuständig für Arbeitsmarktfragen. Der Verband ist Teil der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen.
Viele Hartz-IV-Empfänger, die eine Arbeit gefunden haben, befinden sich spätestens nach einem Jahr wieder auf Jobsuche. Laut Arbeitslosenreport waren im Bistum von den 1.769 Personen, die das Jobcenter im Dezember 2017 in sozialversicherungspflichtige Arbeit vermittelt hatte, im Dezember 2018 nur noch 1.193 beschäftigt (67,4 Prozent). Besonders viele, nämlich 501 sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse, endeten bereits innerhalb der ersten drei Monate nach der Integration. "Es genügt nicht, Menschen kurzfristig in Arbeit zu bringen", sagt Roman Schlag. "Sie müssen dauerhaft in Arbeit bleiben, denn nur so wird sich auch ihre soziale Situation langfristig stabilisieren."
Hinzu kommt, dass viele dieser Integrationen nicht einmal zu einem Ende des Hartz-IV-Bezugs führen. Im Bistum Aachen gelang dies nur in rund 46,3 Prozent der Fälle. "Langzeitarbeitslose haben es nach wie vor schwer, der Armutsfalle zu entrinnen", sagt Schlag. Das liege zum Teil daran, dass Menschen etwa aus gesundheitlichen oder familiären Gründen nur Teilzeit arbeiten könnten, mitunter aber auch daran, dass ein zu geringer Lohn selbst bei Vollzeitarbeit nicht zum Lebensunterhalt reiche. "Hartz-IV-Bezieher dürfen in unserer Gesellschaft nicht schief angesehen werden, wenn sie ihren Lohn noch mit Sozialleistungen aufstocken müssen", sagt Schlag.
Um die Chance auf nachhaltige Beschäftigung zu erhöhen, sollten Arbeitsplätze und Arbeitslose gut zueinander passen. Zu oft werden Arbeitslose in Jobs gedrängt, die nicht ihren persönlichen Fähigkeiten und Interessen entsprechen, beobachten die Wohlfahrtsverbände. "Die Jobcenter sollten die Menschen dabei unterstützen, ihre gesamte berufliche und persönliche Situation realistisch einzuschätzen und individuelle Lösungswege zu finden. Bei den Trägern der Freien Wohlfahrtspflege finden sie Partner, die sie bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben unterstützen können", sagt Roman Schlag.
"Ein unterstützendes Coaching ist wichtig, damit Menschen der Weg aus dem Hartz-IV-Bezug in den Arbeitsmarkt gelingen kann", sagt Roman Schlag. Solche Leistungen müssen aus Sicht der Caritas standardmäßig zu den Angeboten des Jobcenters für Langzeitarbeitslose gehören. Schlag weist darauf hin, dass das im Januar gestartete Teilhabechancengesetz, von dem in NRW rund 15.000 besonders benachteiligte Langzeitarbeitslose profitieren sollen, bereits ein begleitendes Coaching beinhalte. Das Gesetz regelt, dass der Staat die Beschäftigung in den ersten beiden Jahren zu 100 Prozent fördert, in den Jahren danach zu 90 bis 70 Prozent. "Die Caritas begrüßt die neuen gesetzlichen Möglichkeiten. Wir wünschen uns aber in begründeten Fällen eine Entfristung der derzeit auf maximal fünf Jahre begrenzten öffentlich geförderten Beschäftigung", sagt Schlag. Es gebe Menschen, die nie ohne ergänzenden Lohnkostenzuschuss in sozialversicherungspflichtige Jobs integrieren werden könnten. "Doch auch sie haben ein Recht auf Arbeit, denn das gibt ihnen Perspektive und Würde", sagt Schlag.
Der Arbeitslosenreport NRW (www.arbeitslosenreport-nrw.de) ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung (ISAM) der Hochschule Koblenz.