"Damit dürfen wir uns nicht abfinden", sagt Stephan Jentgens, Diözesancaritasdirektor im Bistum Aachen. Der größte Teil dieser Aufstocker sind Leistungsempfänger, die trotz Erwerbstätigkeit auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sind. Ein geringerer Teil erhält Sozialleistungen wie Kranken- oder Arbeitslosengeld. Lag der Anteil derer im Bistum Aachen, die zusätzlich zu ihrem sozialversicherungspflichtigen Lohnentgelt noch Hartz IV beantragen müssen, 2010 noch bei etwa 8,9 Prozent, so waren es 2021 fast 10,4 Prozent.
Der Arbeitslosenreport zeigt zudem, dass das mittlere Einkommen im Bistum Aachen im Vergleich zum Bund weniger stark steigt. "Das ist Ausdruck des Verlustes von hochqualifizierten und gut bezahlten Industriearbeitsplätzen und der Ausweitung von billigen Dienstleistungsjobs. Das geschieht im Bistum Aachen ausgeprägter als anderswo in Deutschland", sagt Jentgens. "Wir brauchen dringend eine Aufwertung von Arbeitsplätzen vor allem im häufig schlecht bezahlten Dienstleistungsbereich", sagt der Diözesancaritasdirektor.
"Der wachsende Niedriglohnsektor sorgt dabei dafür, dass bei immer mehr Menschen das Einkommen nicht zur Versorgung der Familie ausreicht", beklagt Roman Schlag. Er ist beim Caritasverband für das Bistum Aachen Fachreferent für Arbeitsmarktfragen und Schuldnerberatung. Schon jetzt verdienten im Bistum 11,2 Prozent der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten lediglich 2.000 Euro brutto pro Monat und weniger. Und unter denen verdienten Frauen und Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit besonders schlecht. Der Frauenanteil im Niedriglohnsektor ist dort nach Angaben von Schlag mit 17,1 Prozent doppelt so hoch wie der der Männer (8,5Prozent). Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit stehen mit 24,3 Prozent im Vergleich fast dreifach schlechter da als Deutsche (8,9Prozent). Und das nicht nur im Niedriglohnsegment. "Das ist nur in Teilen mit fehlenden Qualifikationen bei Zugewanderten zu erklären", sagt Diözesancaritasdirektor Stephan Jentgens. Es scheine ihm offensichtlich, dass es strukturelle Diskriminierungen bei der Entlohnung gebe, indem Frauen und Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit für die gleichen Jobs schlechter bezahlt würden. "Hier muss der Gesetzgeber stärker aktiv werden, um gerechte und angemessene Bezahlung aller Menschen zu gewährleisten. Zudem braucht es mehr Kinderbetreuungsangebote, damit sich Familie und Beruf besser vereinbaren lassen", sagt Jentgens.