Das bedeutet für mich Nachhaltigkeit
von Anna Kohlwey
Nachhaltigkeit bedeutet für mich ein immerwährendes Abwägen zwischen Verzicht und Konsum, ein Nachdenken über Mittel und die Einbeziehung vorerst abstrakter Größen.
Beim Einkauf frage ich mich, woher das Produkt wohl kommen mag. Unter welchen Bedingungen hat es den Weg bis ins Geschäft geschafft?
Wenn etwas kaputtgeht, frage ich: Kann man das reparieren? Brauche ich so etwas überhaupt?
Für Nachhaltigkeit sind doch die Staaten zuständig, Großkonzerne und Unternehmen. Was kann ich schon tun - außer darüber nachzudenken, zu verzichten und für ein reines Gewissen Bio und Fairtrade zu kaufen?
Nachhaltigkeit als Tugend bedeutet für mich: Bewusstseinsveränderung zu Ressourcen.
Ich mache mir bewusst, wie nah "weit weg" doch tatsächlich ist - wie verbunden die Welt miteinander ist und, dass wir es ziemlich gut haben in Deutschland.
Bei allem Versuch "Gutmensch" zu sein, behält die Tugend der Nachhaltigkeit aber auch mich im Blick: Nachhaltigkeit heißt Entspannung. Bewusster Verzicht - das heißt, die Einsicht, "naja … wirklich brauchen tust Du's nicht und nutzen wirst Du es vielleicht eine Woche" - gibt auch Freiheiten her, nicht auf dem Stand sein zu müssen, was es alles gibt und was man alles tun kann.
Das Überangebot an Möglichkeiten und Optionen in zwei Welten - analog und digital - überfordert mich. Was gibt es an Produkten und Apps, die das Leben vereinfachen, die Spaß machen, was verpasse ich eigentlich gerade alles und was muss ich gehabt und gemacht haben auf meiner To-Do-Liste fürs Leben? Es tut mir nachhaltig gut, Ordnung und damit einen Überblick zu behalten. Warum sind sonst "Aufräum-Serien" á la Marie Kondo bei Netflix so beliebt?
Eine bewusste Haltung zu Konsum und dahintersteckenden Wirtschaftsleistungen verändert mich und meinen Blick auf die Welt.
Wie wichtig das ist, wird gerade jetzt klar: Wir sitzen alle in einem Boot, sind miteinander verbunden und voneinander abhängig. Einen Blick über die eigene Not hinaus zu unseren Nachbarn, etwa nach Afrika, ist notwendig und wird zeigen: Es wird auf lange Sicht dem eigenen und dem Gemeinwohl dienen, bewusst zu halten, dass Grenzen vielfach technokratischer Natur sind.
Unsere Autorin ist Fachreferentin in der Geschäftsstelle des Caritasverbandes für das Bistum Aachen.
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