Das bedeutet für mich Gerechtigkeit
Von Roman Schlag
Da fällt mir ein Spaziergang durch die Stadt ein. Ich liebe Musik, und Straßenmusikanten faszinieren mich und ziehen mich schnell in Ihren Bann. Vor dem Aachener Dom auf dem Münsterplatz spielte ein Bläserquintett herrliche Balladen und Swingstücke. Es waren Profis aus Russland. Schnell zückte ich mein Portemonnaie und warf fünf Euro in den aufgestellten Koffer und genoss das "Konzert". Etwas weiter saß ein Bettler an der Ecke und blies in seine Mundharmonika Luft ein und aus. Eher aus guter Laune warf ich ein paar Cent in seine Mütze. Kein Vergleich zu der Leistung des Quintetts. Also absolut gerechtfertigt nur ein paar Cent zu geben. Aber war es auch gerecht? Klar, die Bläser gaben ihr Bestes, aber vielleicht tat das der Bettler auch. Er bemühte sich nach Kräften, um nach seinen Möglichkeiten zu gefallen. Unter dieser Sicht wäre es auch gerecht gewesen mehr oder gleich viel zu geben.
Ich merke, es ist gut und wichtig über Gerechtigkeit nachzudenken. Was empfinde ich als gerecht, und was ist aus der Sicht des Anderen gerecht? Gerechtigkeit fragt immer auch nach der Geschichte des einzelnen Menschen. Welches Paket trägt sie oder er, sodass ihr oder ihm manche Dinge schwerer fallen als andere? Der Bettler hatte sicher ein anderes Ansinnen als die Unterhaltung eines Publikums, und es war eine größere, vor allem andere Herausforderung, dort zu sitzen und zu musizieren. Den Blickwinkel zu verändern ist für mich ein erster Beitrag zu mehr Gerechtigkeit.
Unser Autor ist Fachreferent in der Geschäftsstelle des Caritasverbandes für das Bistum Aachen.
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