"Es darf nicht sein, dass Kommunen auf dem Rücken der Kinder und Eltern tricksen, indem sie Verträge für Zweit- bis Viertklässler kündigen, um Erstklässler unterzubringen", kritisiert Stephan Jentgens, Diözesan-Caritasdirektor in Aachen, für die Caritas in NRW. "So wird ein Rechtsanspruch für einige zu einem Verlust von Betreuung und Förderung für andere."
Hintergrund ist die schleppende Schaffung neuer Plätze. Zwar sieht das Land NRW ab 2026 einen stufenweisen Ausbau der OGS-Plätze vor, doch ist der Stand in den Kommunen sehr unterschiedlich. Manche Städte, die bei der Ausbau-Quote hinterherhinken, drohen, den Mangel durch die Verdrängung älterer Jahrgänge zu kompensieren. "Die Kommunen müssen ihre Verantwortung wahrnehmen. Verträge zu kündigen, um Schadensersatzklagen zu vermeiden, wäre ein Missbrauch des Rechtsanspruchs und ein Schlag ins Gesicht für Familien, die auf verlässliche Betreuung angewiesen sind", sagt Jentgens, der Diözesan-Caritasdirektor in Aachen ist.
Die Caritas in NRW warnt zugleich vor den sozialen Folgen: Wenn Eltern - häufig Mütter - ihre Kinder nicht mehr zuverlässig im Ganztag betreut wissen, geraten Berufstätigkeit und familiäre Verantwortung in Konflikt. "Gerade Alleinerziehende und Familien mit geringem Einkommen werden so in die Enge gedrängt. Fehlende Betreuungsplätze gefährden nicht nur die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern auch die Chancengleichheit der Kinder", betont Jentgens.
Die Caritas in NRW fordert deshalb:
- Verlässlichkeit für alle Jahrgänge - keine Kündigungen bestehender OGS-Plätze,
- massive Beschleunigung des Platzausbaus durch vereinfachte Verfahren,
- ein OGS-Ausführungsgesetz mit Qualitätsstandards, klaren Zuständigkeiten und gesicherter Finanzierung,
- gemeinsame Lösungen für den Offenen Ganztag, die Träger, Kommunen und das Ministerium im Austausch entwickeln.
"Wir brauchen ein klares Bekenntnis von Land und Kommunen, dass der Rechtsanspruch nicht durch kurzfristige Tricks unterlaufen wird. Wer Eltern Planungssicherheit verspricht, muss auch für alle Kinder halten, was er zusagt", sagt Jentgens.