„Da sein, wenn es den Leuten nicht gut geht“
Wilma Mika-Scheufen in der Kapelle des Senioren- und Pflegezentrums St. Josefhaus in Alsdorf.DiCV Aachen
Wilma Mika-Scheufen erinnert sich gerne an den Kursus, in dem sie sich qualifiziert hat und den Anja Joye, Seelsorgerin für die Mitarbeitenden der verbandlichen Caritas im Bistum Aachen, von Anfang Januar bis Mitte November 2023 geleitet hat. "Vom ersten Tag an war in der Gruppe ein Grundvertrauen und eine große Offenheit da", sagt Wilma Mika-Scheufen. Es war zweite Kurs zur Qualifizierung von hauptamtlichen Mitarbeitenden für die seelsorgliche Begleitung von Menschen ab 60 Jahren, die in katholischen stationären Altenhilfeeinrichtungen und Diensten der Eingliederungshilfe im Bistum Aachen betreut werden.
Der Kurs startete mit einem Blick auf die eigene Lebens- und Glaubensbiografie. "Und damit auch mit meiner eigenen Geschichte", erinnert sich Wilma Mika-Scheufen. Sie wuchs in einer christlichen Familie auf. Der Kirchgang am Sonntag als Kind und Teenager war ihr wichtig. 30 Jahre war sie alt und sie hatte bereits ihre eigene Familie mit zwei damals kleinen Kindern, als ihre Mutter starb. "Danach habe ich mich mit dem Glauben zunächst nicht mehr auseinandergesetzt", erinnert sie sich. Als sie dann im Jahr 2022 einen langjährigen Freund der Familie, der an Krebs erkrankt war, durch die Krankheit und schließlich im Sterben begleitete, hatte sie den Eindruck, dass ihr das liegen würde. Zunächst wollte sie im St. Josefhaus eine Trauergruppe anbieten oder sich zur Trauerbegleiterin ausbilden lassen. Schließlich gab ihr die Pflegedienstleitung die Ausschreibung des Seelsorgekurses und sie bewarb sich. Eine große Hürde, denn ihre letzte Bewerbung lag lange zurück, und vor dem Motivationsschreiben, das jede Interessentin verfassen muss, hatte sie Respekt. "Ich habe es abgeschickt und dann kam von Frau Joye die Einladung zum Bewerbungsgespräch", sagt Wilma Mika-Scheufen.
Die Auseinandersetzung mit Krankheit, Tod und Sterben hat sie ein Leben lang begleitet. Im Familien- oder Freundeskreis hieß es dann oft: "Wir können ja einmal mit Wilma sprechen". Seelsorge, so sagt sie, bedeutet für sie: "Da sein, wenn es den Leuten nicht gut geht". Sie räumt ein, dass es im Seelsorgekurs auch Momente gab, in denen sie zweifelte, ob die Schulung für sie das Richtige sei. "Ich hatte das Gefühl, Jedem helfen zu müssen, für jede Situation eine Lösung zu haben. Nein, das muss ich nicht. Die Lösungen müssen im Menschen wachsen", sagt sie. Als sie das verstanden habe, sei sie immer mehr in dem Seelsorgekurs angekommen. Wenn sie heute mit Menschen im St. Josefhaus spricht, von denen viele Trauer und Tod erlebt haben im Krieg, in der Familie, sogar den Tod eigener Kinder, spürt sie, die "Grundhaltung ist nicht die Verzweiflung, sondern die seelsorgerliche Haltung der Annahme des jeweiligen Menschen mit seiner eigenen Biographie".
Die Bewohnerinnen und Bewohner sind dankbar für ihre Arbeit. Kürzlich sagte ihr eine Seniorin, sie sei so froh, wenn sie komme, da können sie mit ihr beten. "Da spüre ich: Den Leuten liegt daran", sagt sie. Seelsorgliche Angebote bietet sie im alltäglichen Ablauf der Einrichtung an, betet und singt mit den Bewohnern. "Kürzlich haben wir auch einmal über das Thema Tischgebete gesprochen und zusammengetragen, wer welche Tischgebete kennt", erzählt Wilma Mika-Scheufen. Mittlerweile hat sie auch ihr Seelsorgebüro im Haus, in dem sie in Ruhe Gespräche mit Bewohnern oder deren Angehörigen führen kann.
Zum Seelsorgekurs gehörte auch ein Seelsorgeprojekt. Wilma Mika Scheufen hatte im Haus zu einer Aktion unter dem Titel "Wasser des Lebens" mit einer kreativen Aktivität, Texten und Liedern und einem Klavierspieler eingeladen. Sie beschloss das Projekt mit einer Agape, um noch einmal in den Austausch zu kommen. "An dem Tag wurde viel geredet und umarmt", erinnert sich Wilma Mika-Scheufen. Auch Pflegedienstleitung und Geschäftsführung hatten teilgenommen. "Denen ist das Thema wichtig", sagt sie.
"Mich hat der Kursus weit gebracht", sagt Wilma Mika-Scheufen. Sie würde sich freuen, wenn das Bistum den Einsatz der Begleitungen in der Seelsorge refinanzieren würde. Dann könnte auch jede ausgebildete Begleiterin in ihrer Einrichtung tätig werden. Ansonsten ist deren Einsatz in das Ermessen der Einrichtungsleitungen gestellt und es geht für einige Kursteilnehmende erst mal nicht weiter.
Für Wilma Mika-Scheufen wurde im St. Josefhaus gut gesorgt. Sie erzählt gerne von ihrer Arbeit als Begleiterin in der Seelsorge und damit auch von Gott. "Er ist ein wirklich guter Freund. Ich kann meinen ganzen Kummer da lassen, ich kann mit ihm sprechen. Das tue ich oft im Auto, denn da habe ich Zeit", sagt sie. Vor allem dann fühle sie sich gehalten, das gibt ihr Sicherheit "wie eine Hand, die offen ist, in die ich mich hineinlegen kann".