Repair Café Erkelenz
1. Woher kam die Idee? Und was ist das Ziel?
Im Zuge der Bemühungen für die Geflüchteten (2015), bei denen es um das Fitmachen alter Laptops ging, äußerte einer der Akteure die Idee, ein Repair Café nach der Idee einer niederländischen Initiative zu gründen, weil unendlich viel noch repariert und gerettet werden und Müll und Verschwendung von Ressourcen dadurch reduziert werden kann. Zudem steckt in der Ressource "Mensch" viel mehr als man denkt.
2. Was waren die Anläufe nach dem ersten Gedanken? Wie sah die Konzeptplanung aus?
Wir sind nur sehr kurz mit der Idee "schwanger" gegangen und haben über unsere Idee (wir waren zu zweit) an vielen Stellen vernehmbar gesprochen, so dass wir mehr wurden. Umgehend haben wir zu einem ersten Treffen eingeladen über die Presse und Social Media.
Die Resonanz war sehr gut! Wir sind nicht planlos vorgegangen, haben aber bewusst auf ein Konzept im klassischen Sinne verzichtet, so dass wir stets agil entscheiden und reagieren konnten. Eine Vorgehensweise, die sich bis heute sehr bewährt hat!
Über die damalige Jugendkirche "jACk" in Erkelenz gab es passende Räume in äußerst attraktiver Lage (nicht unentscheidend!). Das ganz läuft in pfarrlicher Trägerschaft, so dass Versicherungsfragen und auch "Spendenbescheinigungen" gesichert waren und sind.
3. Wer ist Adressat und wie wird die Zielgruppe involviert?
Die Menschen kommen, weil Ihnen die Reparatur zu teuer ist (ihr Budget übersteigt), weil sie es satt haben, Dinge vorschnell wegzuwerfen oder weil sie so sehr an ihrem ersten Cassettenrekorder hängen, den sie von ihrem ersten Lehrgeld gekauft haben. Sie lassen sich unter fachkundiger Anleitung bei der Reparatur helfen. Es kommen Familien, Sozialhilfeempfänger, und vor allem Menschen, die noch so erzogen wurden, dass "man Dinge nicht einfach wegwirft". Jugendliche Besucher sind seltener.
4. Welchen Bedarf spricht es an? (Stichwort Sozialraumanalyse)
Es spricht Menschen mit knappen, monatlichen Budget an, die sich Reparaturen oder gar Neuanschaffungen schlicht nicht leisten können. Es kommen aber auch nicht unerheblich "Überzeugungstäter*innen", die frühzeitiges Wegwerfen verabscheuen und die Umwelt so auch schützen möchten.
Es ist daher auch monatlich (im Normalbetrieb "ohne Corona") eine Art von "Community" versammelt, die nachhaltig unterwegs ist, sich selbst berät z.B. in nachhaltiger Gartengestaltung.
Ebenso fühlen sich Menschen bei uns wohl, die allein Atmosphäre (insbesondere im Cafébereich mit oftmals gespendeten Kuchen und Kaffee) einfach genießen. Man spürt förmlich die geballte Strahlkraft vom "Einsatz für das Gemeinwohl". Das Leben in Erkelenz wird dadurch schöner. Wirklich!
5. Welche Rolle spielen die Initiatoren bzw. wer soll dauerhaft "Akteur" sein? (Stichwort Verselbständigung)
Die Initiatoren haben sich z.T. schon zurückgezogen. Die verbleibenden haben immer noch Einfluss auf die "Marke" "Repair Café. Das Team wuchs kontinuierlich auf über ein Dutzend Menschen an. Absprachen werden grundsätzlich und faktisch sehr niederschwellig in Angriff genommen. Für die unterschiedlichen Aufgaben in und im Vorfeld des Repair Cafés melden sich immer Teammitglieder freiwillig. Manche sind sehr verbindlich dabei, andere eher locker. Beides geht nebeneinander! Das Repair Café hat eine äußerst flache Organisationsstruktur, weil hier ein Geist spürbar ist, der keinen zu kurz kommen lässt und sehr viel sehr offen und sehr entspannt ansprechen lässt. Der Erfolg trägt das Team, das immer mal wieder einen Neuzugang hat.
6. Wie wurde das Projekt finanziert?
Die Pfarrei Christkönig hat es (im Rahmen der Jugendkirche) mit Raum und Versicherungsschutz versorgt. Anfängliches Material brachten die Aktiven zunächst selbst mit. Mittlerweile gibt es viele Sachspenden (Werkzeug), aber auch ausreichend Geldspenden, die das Anschaffen von nötigen Material und (Spezial-) Werkzeug leicht machen. Zudem gab es auch Firmenspenden.
7. Welche anderen Akteure/Professionen/Kompetenzen wurden wie ins Boot geholt?
Zum einen gab es die niederländische Inititiative "Repair Café", der wir uns angeschlossen haben. So hatten wir ein attraktives Logo, aber auch rechtliche Grundlagen direkt zur Verfügung (Die Besucher unterzeichnen Erklärungen, damit es im Nachhinein nicht zu evtl. Garantieerwartungen und dergl. kommt.)
Fachkundige, und wirklich Fachleute (Mechaniker, Elektriker, Ingenieure, IT-Spezialisten) haben schnell den Weg zu uns gefunden, so dass z.B. kein elektrisches Gerät ohne wirklich fachliche Prüfung das Repair Café verlässt.
Auch der für die Atmosphäre wichtige Cafébereich fand sein Unterteam und auch nahezu jedes Mal Kuchenspender*innen. Hier "ereignet sich" das Repair Café auch nicht unerheblich. Eben auch im mitmenschlichen Bereich. Weitergehende Hilfsanfragen und auch seelsorgliche Anliegen erreichen uns. Menschen melden sich beim Repair Café, weil sie hier das bestimmte Gefühl haben, dass hier -um es einmal etwas theatralisch zu formulieren- "heil werden" kann. Auch dafür ist bei uns natürlich Platz und Zeit da.
8. Was waren hinderliche Bedingungen? Wie wurde damit umgegangen?
Erfreulich ist, dass alle Aktiven des Repair Café-Teams im Grunde keine Hindernisse benennen könnten, da alles bislang eine sehr hohe Leichtigkeit hatte. Wirklich wahr!
Da wir bislang auch ausreichend Fachkräfte haben, ist das Kerngeschäft des Repair Cafés gesichert.
9. Welche Ressourcen wurden genutzt?
Es werden menschliche Ressourcen genutzt: Fachkenntnisse in Elektrik, Fahrradmechanik, Computertechnik. Auch menschlicher Einsatz für den Nächsten! Freizeit wird bei uns mit großem persönlichem Gewinn eingesetzt, denn der Einsatz ist überschaubar, hinterlässt meistens glückliche "Kunden*innen", erzeugt einen sichtbaren und messbaren Erfolg, greift das derzeit (dauerhaft) aktuelle Thema der Nachhaltigkeit auf.
Der Wunsch nach Solidarität wird hier lebbar.
10. Was waren die Erfolgsfaktoren?
Die richtige Idee zu richtigen Zeit gehabt zu haben! Es war äußerst hilfreich beim agilen Umsetzen der Idee, dass KEIN KONZEPT verfasst werden musste. Planungen wurden natürlich dennoch vorgenommen, aber eigentlich immer auf Sichtweite. Das Wohlwollen der Pfarrei und vor allem die öffentliche Würdigung durch die Stadt z.B. bei der Eröffnung und auch die "Kollegialität" mit dem Klimaschutzmanager sind sehr hilfreich. Ebenso hat uns der Katholikenart des Bistums Aachen als "Lebendigen Schatz im Bistum Aachen" ausgezeichnet. Das Repair Café wurde mit dem Klimaschutzpreis der Stadt Erkelenz ausgezeichnet. Anerkennung macht erfolgreich und vor allem auch glücklich. :) Die Tagespresse ist dem Rapair Café äußerst wohlgesonnen. Und auch die Präsenz bei Facebook ist gut. Das Team ist so sehr mit dem Ziel/dem Anliegen des Repair Cafés beschäftigt, dass es sich nur minimal um seine Strukturen kümmern muss. Das reicht sogar für weitergehende Projekte z.B. mit weiterführenden Schulen in Erkelenz. Wir setzen uns ständig mit unserer Idee auseinander und kommen so auch auf neue Ideen im Rahmen des Repair Cafés.
11. Weitere Informationen (Öffentlichkeitsarbeit, Internetauftritt, u.Ä.)
Über die Homepage der Pfarrei Christkönig (www.christkoenig-erkelenz.de) ist das Repair Café zu finden und ebenso auf Facebook. Das Repair Café Erkelenz ist zudem sehr gut verlinkt mit anderen "Playern" im Stadtgebiet.